Die ersten Tage im Frühling sind mit das Beste am ganzen Jahr. Selbst ich als ausgesprochene Anhängerin von eisigen Temperaturen und durchgeweichten Nebellandschaften kann diesen Tagen etwas abgewinnen. Sehr viel sogar. Vor allem wenn ich so wie im letzten Jahr einen Großteil des Winters in Skandinavien verbracht habe: erst auf einem Winter-Roadtrip durch Finnland und dann zwei Monate allein in einem kleinen Häuschen irgendwo im Süden Schwedens.


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Es war wunderschön, den Winter so zu erleben. Mit gefrorenen Meeren, dichten Schneestürmen, in der Sonne glitzernden Eiskristallen und stets sichtbarem Atem. Doch die Tage waren kurz, die Nächte lang – wie das bekanntlich eben so ist im nordischen Winter. Ich gab mir viel Mühe, neben der intensiven Arbeit an meinem Buch* möglichst viel Zeit draußen zu verbringen. Ging spazieren und/oder laufen – meistens die immer gleiche Runde, manchmal machte ich auch mit dem Auto einen Ausflug. Doch viel zu oft war der Himmel dabei von Wolken verdeckt. Und wenn die Sonne sich dann doch mal blicken lies, war sie zwar hell, aber von Wärme keine Spur. Also wärmte ich mein Gesicht an den warmen Flammen des Kamins und wartete darauf, dass der Frühling kam. Während ich gleichzeitig den Winter, diesen echten Winter, in vollen Zügen genoss.

Gegen Ende Februar war es dann soweit. Sie waren angekommen in Südschweden – die ersten Tage, die sich so anfühlten wie Frühling. Das Eis über der Meeresbucht brach in großen Stücken, Vögel zwitscherten ohrenbetäubenden von den noch kahlen Ästen, Feldhasen begannen mit dem Nestbau, der Schnee war quasi über Nacht von der nun braun und feucht daliegenden Wiese geschmolzen.

Und dann wusste ich, dass meine übliche 5-Kilometer-Runde oder der kleine Ausflug in ein nahegelegenes Naturschutzgebiet nun nicht mehr ausreichen würden. Ich musste raus. Und zwar so richtig. Also packte ich mein Zelt ein und machte mich auf, ein Stück weiter Richtung Süden an die Küste. Über kleine Nebenstraßen, die zu noch kleineren Nebenstraßen und schließlich zu Feldwegen wurden. Das Ziel: Eine kleine Insel in den Schären, auf der ich den Frühling angemessen begrüßen wollte.

Für meine Tour hatte ich mir einen kleinen Abschnitt des Östgötaleden ausgesucht, einem insgesamt rund 1.200 Kilometer langen Fernwanderweg – oder besser gesagt einem Netz aus mehreren Wegen – in der Provinz Östergötland. Allzu fern wandern wollte ich aber nicht, denn kurz waren die Tage nach wie vor, und außerdem brauchte ich genug Zeit, um alle Anzeichen des Frühlings zu bewundern und in der Sonne zu leigen.

Der Schnee war auch rund um den kleinen Parkplatz geschmolzen, auf dem ich meine Wanderung begann. Nur ab und an begegnete ich letzten Resten, was mir die Hoffnung gab, später einige dieser Reste zu Trinkwasser schmelzen zu können. Hier und da war der kleine Pfad durch den Wald etwas überschwemmt, die Kuhweide, die ich kurze Zeit später überqueren musste, auch etwas mehr. Aber das gehörte nun mal dazu zu diesem Frühling, der mittlerweile nicht nur hell, sondern endlich auch warm in mein Gesicht schien.

Immer wieder musste ich stehen bleiben, mich mit geschlossenen Augen in Richtung Sonne drehen, und immer wenn die Augen zu waren, schien das Gezwitscher der Vögel noch ein bisschen lauter zu werden. Irgendwo trommelte ein Specht ins Holz, irgendwo gluckerte ein Bach, der Frühling war nicht etwa leise einmarschiert, sondern mit Pauken und Trompeten. Auch wenn der Winter im Februar bestimmt noch nicht vorbei war, war das, was nun begonnen hatte, nicht mehr aufzuhalten.

Ich lief auf und ab, über moosbewachsene Felsen durch lichte Wälder, immer wieder vorbei an Buchten und Meeresarmen, und konnte mein Frühlingswanderglück kaum fassen. Ein Bauer in seinem Traktor auf einem kleinen Fahrweg war alles an menschlichen Begegnungen, die mir an diesem Tag und auch am nächsten widerfahren sollten. Und als ich die kleine Brücke zur nicht viel größeren Insel Torrö überquerte, fühlte sich alles gleich noch ein bisschen aufregender an. Ich wanderte direkt am Meer entlang, das hier in den Schären kaum Wellen warf. Eine weite, leicht vom Wind gekräuselte Fläche aus dunklem Blau, darüber eine weite Fläche aus hellem Blau, mit einigen weißen Wolkenschwaden hier und da.

Doch langsam wurde das helle Blau wieder dunkler, begannen sich andere Farben – Rosa und Gelb und Orange – unter das Blau zu mischen. Es war an der Zeit, nach einem Schlafplatz Ausschau zu halten. Und zwar nicht nach irgendeinem: Ich wollte unbedingt Blick auf das Meer haben, doch gleichzeitig musste ich auch irgendwo sein, wo es Trinkwasser gab. Und wo meine Zeltheringe zumindest etwas Halt im Boden finden konnten, denn mein Zelt war nicht freistehend. Vielerorts aber war Fels direkt unter dem Waldboden, und die moosige Erde darüber viel zu locker für ein zelt. Die Suche gestaltete sich als etwas schwieriger als gedacht, doch irgendwann wurde ich fündig. Meerblick: Check. Fester Waldboden: Check. Trinkwasser: Die paar halbwegs sauberen Schneereste in der kleinen Senke werden es schon tun.

Nachdem ich das Zelt aufgebaut hatte, kochte ich mir auf den Felsen über dem Meer eine große Tasse Kakao und blickte auf den hellen Leuchtstreifen am Horizont, der langsam von der hereinbrechenden Dunkelheit verdrängt wurde. Das Meer war nun ganz glatt, nur ein paar Gänse bewegten sich noch auf seiner Oberfläche, während sie das gegenüberliegende Ufer ansteuerten. Das Vogelgezwitscher war verstummt, nur ein Waldkauz machte in der Ferne ab und an auf sich aufmerksam. Jetzt war es wieder kalt, dunkel und still, und doch war alles anders als in den vielen skandinavischen Nächten zuvor.

Ich verkroch mich in den Schlafsack, lauschte einem Hörbuch* und löffelte viel zu schnell abkühlende Nudelsuppe, bis ich müde war. Und müde, das war ich in diesen Tagen immer schon ziemlich früh. Aber auch glücklich. Und an diesem Abend ganz besonders.

Am nächsten Tag wurde ich wieder von altbekannten Wolken in allerlei Formen umringt, doch wenn ich die Augen zumachte, konnte ich sie immer noch spüren: Die Sonne, die nicht nur hell, sondern auch warm war. Und sich bald schon wieder viel öfter und länger blicken lassen würde.

Wandern in Südschweden

Während einige bekannte Wanderrouten und -gebiete, wie zum Beispiel der Kungsleden in Lappland, im Norden des Landes liegen und damit erst ab Frühsommer so richtig gut bewanderbar sind, kann man im Süden Schwedens auch im Frühjahr oder späteren Herbst gut in Wanderschuhen unterwegs sein. Der große Vorteil: Zu dieser Zeit ist viel weniger los und man hat die Wege oft ganz für sich allein.

Ganz so dramatisch wie im Norden ist die Natur im Süden des Landes zwar nicht, dafür findet man hier das sanfte, ländliche Schweden, ganz so wie man es von Michel aus Lönneberga und Konsorten kennt. Weite Wälder und Felder wechseln sich ab, dazwischen und drumherum ganz viel Wasser in Form von idyllischen Seen und einer Küste, die genau die richtige Mischung aus sanfter Schönheit und einer Prise Drama mit sich bringt. Und natürlich jede Menge rote Häuschen und kleine Örtchen.

Viel Inspiration für Tageswanderungen gibt es im Wanderführer Südschweden von Rother*:

Fernwanderwege in Südschweden

Neben unzähligen Möglichkeiten für Tageswanderungen hat der Süden Schwedens auch eine ziemlich große Auswahl an Routen für Mehrtages- und Fernwanderungen:

  • Der Östgötaleden, auf dem auch mein kleines Abenteuer stattfand, ist kein Weg von A nach B, sondern eher ein Netz aus Wegen, das sich auf insgesamt 1.200 Kilometern durch die Provinz Östergötland zieht. Hier gibt es eine Übersichtskarte zum Östgötaleden, auf der auch Dinge wie Schutzhütten und Etappenlängen (auf die jeweilige Etappe klicken!) verzeichnet sind. Weitere Informationen, vor allem auch solche auf Deutsch, sind ansonsten leider eher rar. Im Prinzip hat man mit der Übersichtskarte aber alle Infos, die man braucht.
  • Der Skåneleden ist der wohl bekannteste Fernwanderweg im Süden Schwedens. Auch er besteht aus mehreren Routen, die insgesamt ähnlich lang sind wie der Östgötaleden. Die Abschnitte Österlenleden und Öresundleden führen dabei vor allem an der Küste entlang, der Kust till Kustleden, Nord till Sydleden und Ås till Åsleden durchs Inland der Provinz Skåne. Auf der offiziellen Seite des Skåneleden gibt es Infos zu allen Etappen inklusive GPX-Tracks.
  • Die Hauptstrecke des Sörmlandsleden ist 627 Kilometer lang, hinzu kommen diverse Rundwege und Abstecher. Er startet etwas südlich von Stockholm und verläuft dann ringförmig durch die Provinz Södermanland. Informationen zu allen Etappen und weitere Infos gibt es in englischer Sprache auf der Webseite des Sörmlandsleden.
  • Der Bohusleden führt auf 370 Kilometern  von Göteborg bis kurz vor die Grenze zu Norwegen, allerdings nicht direkt an der Küste entlang, sondern weiter im Inland. Alle Infos gibt es auf der mal mehr, mal weniger in Deutsche übersetzen Webseite des Bohusleden.

Alle genannten Fernwanderwege in Südschweden sind mit orangefarbenen Wegmarkierungen markiert. Auch Hinweistafeln mit Karte und Infos zu den Etappen finden sich unterwegs. Die Qualität der Markierungen und des Weges an sich kann aber etwas variieren, da die Pflege der Wege vor allem durch Kommunen und Freiwillige geschieht.

Da Südschweden im Vergleich zum Norden relativ dicht besiedelt ist und hier keine abgelegenen Bergregionen oder ähnliche Schwierigkeiten zu finden sind, sind die Routen in diesem Teil des Landes auch besonders gut für Anfänger*innen  geeignet.

Toll ist zudem auch, dass man diese Touren von Deutschland aus relativ einfach, schnell und umweltfreundlich per Zug bzw. Fähre erreichen kann. Das geht bei Touren im Norden natürlich auch, allerdings ist die Anreise dann doch nochmal deutlich länger.

Wildcamping und das Jedermannsrecht

Entlang der Fernwanderrouten sind immer weider einfache, offene Schutzhütten zu finden, in denen man Schlafsack und Isomatte ausrollen kann. Oft ist auch eine Feuerstelle dabei. Ein Zelt sollte aber sicherheitshalber trotzdem immer mit dabei sein, falls der Unterschlupf bereits besetzt sein sollte. Und im Sommer sowieso, als Schutz gegen die Mücken.

Dank dem überall in Skandinavien geltenden Jedermannsrecht kann man im Prinzip überall entlang der Wege zelten, wo es nicht verboten ist. Dabei sollte man sich aber natürlich an gewisse Grundsätze halten, um Natur und andere Menschen nicht zu stören. Dazu zählt zum Beispiel, den eigenen Müll wieder mitzunehmen, nicht in irgendwelchen Vorgärten zu zelten, Verbotsschilder zu beachten und das Zelt nicht unmittelbar neben stehenden Gewässern aufzubauen.


Was machst Du am liebsten, um den Frühling zu begrüßen? Und hast Du vielleicht noch weitere Wandertipps für Südschweden? Ich freu mich auf Deinen Kommentar.

8 Comments

    • Fräulein Draußen Reply

      Vielen lieben Dank Dir! Ich würde auch super gerne mal zurück und länger dort unterwegs sein. Mal sehen, was die Zukunft bringt. :)

      Liebe Grüße
      Kathrin

  1. Danke fur die Wandertipps!
    Wollte diesen Sommer auch mal nach Schweden, bin aber noch unschlüssig, ob
    Südschweden oder Mittelschweden.
    Südostschweden soll wohl eher weniger Regen und auch Mücken haben,
    evtl. eine Tour per Rad.
    Andererseits würde mich auch der High Coast Trail in Mittelschweden reizen und dann ein Abstecher ins Fjell (südl. Kungsleden) und nach Trondheim rüber.

    • Fräulein Draußen Reply

      Ich glaube letztendlich kann man mit Schweden nie was falsch machen, egal ob Süden, Osten, Westen oder Norden :) Und Regen / Mücken kann man trotz Statistik überall haben – oder eben auch nicht. Egal wohin es Dich verschlägt – ich wünsch Dir eine tolle Zeit!

  2. Pingback: Nordnerds-Rückblick: Was im Februar über den Norden gebloggt wurde

  3. Hallo Kathrin,
    erstmal ein Lob für deinen Schreibstil und die vielen guten Tips, die du uns gibst.
    Da bin ich richtig neidisch, nicht mehr Zeit zu haben und den Anregungen folgen zu können.
    Das du dich im Schwedischen/Skandinavischen Winter inspirieren lässt und an deinem Buch arbeitest, kann ich gut nachvollziehen.
    Ich habe auch den einen oder anderen Winter “da oben”, in meinem Fall in Norwegen und Schweden, verbracht. Einfach schööööön !
    Dein bald erscheinendes Buch habe ich mir schon einmal reserviert (ist das nun Werbung ;-) ) und hoffe auf weitere, schöne Ideen zum Nachmachen.
    By the way dein Motto: “Nature was my first love. And it will be my last. Alles drumherum ist optional.” => Das ist mehr als nur OK !!!
    Lieben Gruß,
    Wolfgang

    • Fräulein Draußen Reply

      Hi Wolfgang,

      vielen Dank für das Kompliment! Und keine Sorge – auch ich hab nach wie vor das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben. ;-) Ich glaube das vergeht einfach nicht. Aber wäre ja auch irgendwie langweilig, wenn man sich eines Tages denkt “soooo, alles erlebt, jetzt setz ich mich auf die Couch und bleib da einfach”. :D

      Viele Grüße
      Kathrin

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