Zuletzt aktualisiert am 2. Mai 2017

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Ein bisschen komisch war das Gefühl schon, mein Mietauto einfach so in Waterville in einer kleinen Straße zurückzulassen. Aber es konnte nun mal nicht mitkommen auf meine Zweitageswanderung auf dem Kerry Way in Irland. Nachdem ich mich ungefähr 20 mal versichert habe, dass auch wirklich alle Türen abgesperrt sind, lief ich los.

Weit kam ich aber nicht, denn schon nach zehn Minuten wurde ich von Existenzängsten überwältigt (immerhin hatte ich nur das, was in meinem Rucksack war und musste damit zwei Tage und eine ganze Nacht überleben, jawohl!). Also setzte ich mich in ein kleines Cafe am Meer in Waterville und bestellte Sandwiches und Filterkaffee. Und dann noch einen Kaffee. Denn vermutlich würde ich für die nächsten 24 Stunden gar keinen Kaffee bekommen! Dabei bin ich eigentlich gar nicht so wild auf Kaffee. Aber jetzt war ich es. Denn es könnte ja sein, dass man, wenn man keinen Kaffee mehr zur Verfügung hat, plötzlich unbedingt Kaffee braucht. Und dafür wollte ich vorsorgen. Ich war wie ein Kamel, dass sich auf Kaffee spezialisiert hatte.

Anschließend war ich beruhigt und gleichzeitig ziemlich aufgedreht (wegen dem Kaffee) und die Wanderung konnte beginnen. 33 km mit insgesamt 910m Höhenunterschied lagen vor mir. Die von mir gewählte Kurzversion des Kerry Way ist möglich, weil es auf dem Abschnitt von Waterville nach Caherdaniel eine alte und eine neue Route gibt, welche man verbinden und als 2-tägige Rundwanderung machen kann. Mein Hinweg führte über einen alten Abschnitt des Kerry Way durch das Landesinnere, der Rückweg über einen neuen Abschnitt immer an der Küste entlang.

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Tag 1 – Von Waterville nach Caherdaniel auf dem alten Abschnitt des Kerry Way (ca. 6 Std. Gehzeit)

Ein kurzes Stück die Straße entlang durfte ich links in ein kleines Fahrsträßchen abbiegen, welches mein Weg für die nächsten paar Kilometer sein würde. Der Weg schlängelte sich immer entlang eines großen Sees (Lough Currane) inklusive tollem Bergpanorama. Aber nicht nur der See war mein ständiger Begleiter, sondern (leider) auch eine ziemlich heiße Sonne. Wer denkt bitte in einem Land wie Irland schon daran, Sonnencreme und Sonnenhut mitzunehmen? Ich jedenfalls nicht. (Vielleicht sollte ich das doch mal in meine Packliste für Schottland/Irland mit aufnehmen.) Einen Sonnenbrand hatte ich bereits (hauptsächlich am rechten Oberarm, hallo Truckersonnenbrand!) und nun musste ich sogar befürchten, zusätzlich noch einen Sonnenstich zu bekommen. (Was mich wieder daran erinnert, dass ich im Jahr zuvor in Schottland auch schon einen Sonnenbrand vom guten Wetter hatte. Irgendwas mach ich da falsch bzw. richtig. Jenachdem.)

Ich legte mir mein Longsleeve über den Kopf und versuchte gleichzeitig, damit so gut wie möglich meine Schultern und den Nacken vor weiteren Sonnenbränden zu schützen. Irgendwie fühlte ich mich ein bisschen wie in der Sahara. Dabei war ich doch in Irland, verdammt!!! Ich machte regelmäßige Ruhe- und Trinkpausen im Schatten und hangelte mich so von Schattenfleck zu Schattenfleck (von denen es leider nicht allzu viele gab), immer tiefer hinein ins Hinterland der Halbinsel Iveragh im Südwesten Irlands.

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Dann begann der Aufstieg zum sogenannte Windy Gap, dem höchsten Punkt des gesamten Kerry Way ca. 450 Metern über dem Meeresspiegel. Eigentlich keine große Sache, aber bei der Hitze haben mir die 450 Höhenmeter voll und ganz gereicht. Ach was war mir heiß. Einmal hab ich mich sogar für 10 Minuten neben einem Busch in die Hocke gesetzt, um meinen Kopf etwas abzukühlen. (Man sollte vielleicht an diesem Punkt erwähnen, dass ich Hitze nicht allzu gut vertrage.) Und einmal musste ich ein Schaf von seinem Schattenplatz neben einem Felsen vertreiben. Das tat mir gar sehr leid.

(Hinweis: Der Weg hoch zum Windy Gap ist zwar durch Pfosten markiert, aber der Pfad ist oft nur sehr undeutlich – bei schlechter Sicht kann die Orientierung hier schwierig werden.)

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Kurz bevor mir meine erste Fata Morgana erschienen wäre, erreichte ich das Windy Gap. Und das machte seinem Namen alle Ehre, denn der kühle Meereswind rettete mich freundlicherweise vor dem Hitzetod. Noch schöner war aber die Aussicht, die ich plötzlich hatte: Grüne Wiesen, Meer und die Nachbar-Halbinsel Beara lagen da vor mir im glitzernden Sonnenschein. Und das entschädigte mich (zumindest ein bisschen) für die Strapazen bei gefühlt 70 Grad im Schatten.

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Ab jetzt ging es nur noch geradeaus und bergab – und alles stets begleitet von der frischen Meeresbrise. Das Longsleeve trug ich abwechselnd auf meinem Kopf und einseitig über meinen sonnenverbrannten Arm gezogen – und endlich konnte ich auch die sorgsam eingeteilten Wasserreserven (Stichwort Existenzängste!) ohne schlechtes Gewissen trinken.

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Nach ein paar weiteren Kilometern stieg ich bergab in das kleine Örtchen Caherdaniel. Nächtigen wollte ich in dem Hostel im Ort, welches ich schon vorab, als ich mit dem Auto nach Waterville fuhr, persönlich reserviert hatte. Noch lieber als Schuhe ausziehen und die Füße hochlegen wollte ich jetzt erst mal was kaltes zum Trinken haben. Direkt gegenüber von der Mündung des Wanderweges in die Hauptstraße gab es einen kleinen Kiosk, indem ich schnurstracks das Kühlregal ansteuerte, mir zwei Coladosen rausnahm und sie erstmal links und rechts an meine Wangen hielt. Dazu gab es noch einen eiskalten Cider für’s Abendessen.

Der Kioskbesitzer war sehr alt, sehr irisch und sehr, sehr nett. Er erzählte mir Dinge über seine Familie, dann musste ich Dinge über mich und meine Familie erzählen und dann gab er mir eine kleine Karte von Caherdaniel und Umgebung und erklärte mir, wo der Strand ist. Blöderweise wagte ich es, mich über das gute Wetter zu beschweren, womit ich natürlich bei einem Iren ein bisschen an der falschen Adresse war. Aber er verzieh mir und bestätigte, dass ich etwas überhitzt und gaaanz leicht angestrengt aussah, woraufhin er mir ein Wassereis schenkte (danke lieber alter Kioskmann!).

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Im Hostel angekommen gab es erstmal eine kalte Dusche und anschließend eine Familienportion Nudeln mit Tomatensoße. Das Hostel war ebenso gemütlich wie liebevoll eingerichtet und ich hatte ein 4er-Zimmer ganz für mich allein.

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Tag 2 – Von Caherdaniel nach Waterville auf dem neuen Abschnitt des Kerry Way (ca. 5 Std. Gehzeit)

Am nächsten Morgen frühstückte ich eine seltsame Mischung aus Müsliriegel, Nüssen, Schokolade und einem Apfel und packte mir die restlichen Nudeln als Wegzehrung ein. Es war ein tolles und ein bisschen ungewohntes Gefühl, einfach nur den Rucksack zu schnappen und loszulaufen, ohne erst mit dem Auto irgendwo hinfahren zu müssen und kurzzeitig fühlte ich mich ein bisschen so, als wäre ich schon Wochen oder gar Monate so unterwegs. Könnte aber auch daran gelegen haben, dass meine Beine und Füße ihre Anwesenheit relativ unangenehm deutlich machten. Ich ging früh los, die Luft war noch frisch und kühl, aber der Tag würde wieder sehr heiß und sonnig werden. Und ich hatte immer noch weder Hut noch Sonnencreme. Aber jetzt war’s auch schon egal.

An einem Wegweiser musste man sich entscheiden, ob man einen Umweg über den Derrynane Beach machen wollte – und ich entschied mich dafür. Wenn ich vorher schon gewusst hätte, wie wunderschön und karibikmäßig dieser Strand ist (vor allem früh morgens, wenn noch keine Menschenseele unterwegs ist), hätte ich gar nicht erst gezögert. Als ich am Strand ankam, wollte ich mir spontan eine Blumenkette umhängen und Samba tanzen. Weißer Sand, türkisblaues Wasser und strahlender Himmel. Ich zog die Schuhe aus, legte meinen Kopf auf den Rucksack und machte erstmal für ein Stündchen Strandurlaub.

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Irgendwann wurde es mir dann aber zu warm (was sonst?!) und ich zog weiter. Ein kleiner Weg schlängelte sich  direkt an der Küste entlang, über Felsen und durch kleine Wäldchen, und immer wieder erhaschte man tolle Blicke auf einsame Buchten mit kleinen Schiffchen und unsagbar blauem Meerwasser.

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Dann ging es nochmal eine kleine Teerstraße in Serpentinen hinauf und ein kurzes Stückchen auf der Straße des Ring of Kerry entlang, wo ich mal mitleidige, mal bewundernde Blicke erntete. Den Ring of Kerry durfte ich zum Glück bald wieder verlassen und weiter den Hang hinauf, wo der Pfad wieder schmaler wurde und so auch für die nächsten Kilometer blieb.

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Am Wegesrand gab es immer wieder historische Dinge zu entdecken, wie alte Ruinen oder Grabstätten, zu denen es auch immer Infos auf Erklärbärtafeln gab.  Auf diesem Abschnitt des Weges begegnete ich auch zum einzigen Mal anderen Wanderern, was irgendwie schon ein bisschen seltsam ist, da der Kerry Way ja (neben dem Beara Way) doch zu den beliebtesten Weitwanderwegen in Irland zählt. Aber mir sollte es sehr recht sein!

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Irgendwann wurde der Weg wieder zu einem Asphaltweg und führte durch weniger reizvolles, bewohntes Gebiet mit aber nach wie vor tollsten Ausblicken zurück nach Waterville. Ich kam wieder vorbei an dem kleinen Café, wo ich am Tag zuvor noch meiner nicht vorhandenen Kaffeesucht nachgekommen war und überlegte kurz, ob ich wohl einen Kaffee trinken sollte. Wollte ich aber nicht. Stattdessen ging ich in altbewährter Manier in einen kleines Geschäft und kaufte mir zwei Dosen Orangensaftschorlenlimonadenzeugs, die ich links und rechts an meine Wangen hielt, die ebenfalls mindestens 70 Grad hatten.

Zurück an meinem Auto machte mich auf, den Rest des Ring of Kerry auf vier Rädern zu bestreiten. Das war nun leider nicht mal mehr ansatzweise so schön wie zu Fuß (wenn auch dank Klimaanlage deutlich kühler) und ich schwor mir, die Sache mit dem Weitwandern in naher Zukunft endlich etwas ausgiebiger zu betreiben. Denn was sind schon Servolenkung und Tempomat gegen brennende Füße, trockene Augen und schmerzende Schultern? Nichts. Gar nichts!

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FAKTEN FAKTEN FAKTEN – Der Kerry Way

Verlauf: Der Kerry Way ist ein Weitwanderweg im County Kerry, der rund um die Halbinsel Iveragh im Südwesten Irlands führt. Der Verlauf orientiert sich dabei grob an dem beliebten “Ring Of Kerry”, einer Panomaraküstenstraße, die ebenfalls die Halbinsel umrundet. Der übliche Start- und Zielpunkt ist im Zentrum von Killarney.

Geschichte: Der Kerry Way wurde 1985 als einer der ersten fünf offiziellen Fernwanderwege Irlands eröffnet. Viele alte Straßen und Pfade im Südwesten Irlands wurden dafür verbunden. Die vollständige Strecke existiert seit 1989.

Distanz: Der Kerry Way erstreckt sich über insgesamt 214 km und wird üblicherweise auf 9 Tagesetappen verteilt, kann aber je nach gewählten Optionen auf 180 km und 7 Tagesetappen verkürzt werden.

Anforderungen: Die Etappen sind durchgehend leicht bis mäßig schwierig, bei Nässe und Matsch entsprechend etwas schwieriger. Die Strecke ist an manchen Stellen nicht ganz deutlich markiert und bei schlechter Sicht ist die Orientierung teilweise ebenfalls etwas schwieriger, daher sind Karte (Ordnance Survey Irland Nr. 78 und Nr. 83) und Kompass Pflicht!

Unterkünfte: Campingplätze gibt es am Kerry Way nur wenige, Hostels und BnBs aber ausreichend an allen Zwischenstopps (je nach Reisezeit sollte man besser reservieren!) Viele Unterkünfte entlang des Kerry Way sind auf Wanderer gut vorbereitet, bieten Gepäcktransfer, Abendmahlzeiten, Brotzeitpakete, Trockenmöglichkeiten und übernehmen auch den Transport vom/zum eigentlichen Weg. Ansonsten ist natürlich auch wildes Zelten eine Option, welches allerdings in Irland verboten ist – daher sollte man vorher um Erlaubnis beim Bauern/Landbesitzer einholen! 

Vorbereitung: Das Standard-Werk zum Kerry Way ist der Wanderführer von Hartmut Engel. Mit diesem Buch und den zwei Ordnance Survey-Karten seid Ihr für Eure Tour auf dem Kerry Way bestens ausgerüstet. Meine Zwei-Tages-Wanderung habe ich aus dem Wanderführer Irland von Rother, den ich guten Gewissens weiterempfehlen kann, falls Ihr in Irland mehr erwandern wollt als “nur” den Kerry Way.

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5 Comments

  1. Pingback: Eine Nacht am Barley Lake - Wildzelten in Irland - Fraeulein DraussenFraeulein Draussen

  2. findinghummingbirds.de Reply

    Wow..die Bilder sehen so schön aus. Vielen Dank für diesen Beitrag…bisher dachte ich man müsste wenigstens mehrere Tage einplanen für den Kerry Weg bzw. einen Teil davon. In welchem Monat warst du da? September?

    Danke auch für den Wanderführer Tipp. Den werd’ ich mir wohl zulegen. :)

    LG Janine

    • Fräulein Draußen Reply

      Hey Janine,

      ja, ich fand die Möglichkeit auch total cool :) Super ist auch, dass Hin- und Rückweg so unterschiedlich sind – erst Berge, Bäume, Seen und weite Wiesen und am nächsten Tag Küste, Strand und Meer.

      Ich war im Juni dort, aber September ist prinzipiell auch ein guter Monat!

      Fährst Du dieses Jahr auch nach Irland?

      Viele Grüße
      Kathrin

  3. Pingback: 7 Blogger verraten 🍀 Irland Tipps und Highlights

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