[enthält Werbung] Die Ardennen sind ein ausgedehntes Gebirge, dass sich  größtenteils über den Südosten der belgischen Region Wallonie, teilweise bis nach Luxemburg und Frankreich erstreckt. Sie stellen die am dünnsten besiedelte Region Belgiens dar, gelten als grünes Herz der Wallonie und sind geprägt von weitläufigen Wäldern, einsamen Flusstälern, versteckten Dörfern und historischen Burgen, Schlössern und Klöstern.

Nachdem ich im Frühjahr schon für eine Mehrtageswanderung in Flandern, dem nördlichen Teil Belgiens, unterwegs war, war ich nun sehr gespannt auf den wilden und hügeligen Süden des kleinen Landes. Denn der unterscheidet sich längst nicht nur dadurch, dass dort Französisch und nicht Niederländisch (bzw. Flämisch) gesprochen wird!

Sechs Tage lang war ich für meine Bikepacking-Tour  auf noch sehr neuen GR²-Radrouten unterwegs, die speziell für Gravelbikes entworfen wurden. Hier kommt mein Tourbericht – und so viel kann ich schon vorwegnehmen: Wer Lust auf eine abenteuerliche (aber nicht zu abenteuerliche) Bikepacking-Tour mit dem Gravelbike (oder auch Mountainbike) hat, sollte die belgischen Ardennen in der Wallonie definitiv mal näher unter die Lupe nehmen!


Werbehinweis: Meine Reise fand in bezahlter Zusammenarbeit mit Visit Wallonia statt. Außerdem enthält dieser Artikel Werbung für meinen Kooperationspartner Komoot. Mehr zum Thema Werbung auf diesem Blog kannst du hier nachlesen.


Gravelbiken in der Wallonie: Die neuen GR²-Routen

Mit den sogenannten GR²-Routen gibt es neuerdings eine ziemlich große Auswahl an Radstrecken in der Wallonie, die speziell für Gravelbikes entworfen wurden. Das Gesamtnetz besteht aus acht Schleifen, die man auch zu längeren Strecken kombinieren kann (so wie ich es gemacht habe). Insgesamt sind so über 1.000 Kilometer und 10.000 Höhenmeter Gravel-Strecke entstanden! Die Routen sind übrigens eine Initiative der Fédération Francophone Belge du Cyclotourisme et du VTT, kurz FFBC. Der Name GR² – Grandes Randonnées GRavel – ist angelehnt an das Wanderwege-Netzwerk GR.

Auf den GR²-Routen gibt es so ziemlich alles, was das Gravel-Herz begehrt: Jede Menge Schotterwege natürlich, mal feiner, mal holpriger, dazu auch der ein oder andere Trail, der manchmal etwas Aufmerksamkeit erfordert. Asphalt ist ebenfalls dabei, und zwar nicht zu knapp, aber dann fast ausschließlich in Form von kleinen, wenig befahrenen Straßen und Radwegen (unter anderem auch den RAVeL-Wegen), sodass auch dort jede Menge Fahrspaß aufkommt. Alles in allem bergen die Routen keine größeren technischen Schwierigkeiten, auch wenn breitere Reifen und etwas Erfahrung im Handling eines bepackten Gravelbikes manchmal von Vorteil sind. Je nach Etappe sind mal mehr, mal weniger Höhenmeter zu überwinden. Ein bisschen Spaß am Klettern sollte man auf jeden Fall haben, auch wenn die Anstiege nie so richtig lang (dafür aber mitunter zahlreich) sind.

Auch wenn sich die Routen vor allem um die Natur und Landschaft der Ardennen sowie das Fahren an sich drehen und weniger ums Sightseeing: Der Süden Belgiens ist sehr viel mehr als grüne Hügel und weitläufige Wälder – und das wird auch auf dieser Tour deutlich. Die Weltkriegsgeschichte der Region ist vielerorts allgegenwärtig. Kleine, versteckte Dörfer laden zum Entdecken ein. Alte Schlösser und Burgen legen einen Hauch Mystik über die Landschaft. Lokale Brauereien sorgen für die jetzt im Sommer ziemlich nötige Erfrischung. Und ja, die Gerüchte stimmen: Es gibt definitiv keinen Mangel an Pommes! … und dann rollt man wieder stundenlang über einsame Wege und bekommt von alldem rein gar nichts mit. Was will man mehr?

Die GR²-Routen in der Übersicht (Quelle: www.velo-liberte.be)

6 Tage Bikepacking in Belgien

Ich bin rund 450 Kilometer und 6.500 Höhenmeter von Verviers nach Thuin gefahren, habe meine konkreten Etappen recht spontan geplant und mal auf dem Campingplatz, mal im Bed & Breakfast oder Hostel und auch auf einem der Biwakplätze, die es in Belgien gibt, übernachtet.

Für die Planung habe ich die offiziellen GPX-Tracks in den Komoot-Routenplaner geladen und dort mithilfe der “Mehrtagestour planen”-Funktion von Komoot (Premium-Funktion) angepasst. Meine komplette Tour habe ich in einer Collection zusammengefasst. Dort gibt’s mehr Infos zu den einzelnen Etappen und auch (viel) mehr Bilder. Für die eigene Planung sollte man nach Möglichkeit aber immer die offiziellen GPX-Tracks der GR²-Routen nutzen.

Etappe 1: Keine Liebe auf den ersten Blick

Start / Ziel: Verviers – Malmedy
Distanz / Höhenmeter: 43 km / 1.000 hm
Übernachtung: Camping du Moulin (netter und beliebter Campingplatz mit Restaurant / Biergarten)
GPX-Track: zur ersten Etappe auf Komoot

Meine Tour begann am Bahnhof von Verviers, also mitten im Stadtzentrum. Bald schon ließ ich den Trubel hinter mir, der Weg hinaus aus der Stadt war allerdings nicht ganz unbeschwerlich: Es ging bergauf, quasi ohne Aufwärmphase. Obwohl meine Radfahrfitness zu diesem Zeitpunkt insgesamt eher zu wünschen übrigließ und ich abgesehen von meiner Graveltour im Erzgebirge das ganze bisherige Jahr nicht sonderlich viel auf dem Drahtesel gesessen hatte, funktioniert das erstaunlich gut (eine Erkenntnis, die sich glücklicherweise auch durch den Rest der Tour ziehen sollte).

Eine ganze Weile lang fuhr ich über mal kleinere, mal größere Straßen vor mich hin, meist in Hörweite der nahegelegenen Autobahn. So richtig Gravel-Stimmung wollte da noch nicht aufkommen. Irgendwann ein Lichtblick: Ich erreichte einen der RAVeL-Radwege, die es hier vielerorts gibt. Das sind gut ausgebaute Routen, die über alte Bahntrassen und Treidelpfade führen und somit ohne größere Widerstände zu fahren sind (mehr dazu weiter unten). Gerade, als ich mich ans entspannte Cruisen gewöhnte, zeigte der Pfeil auf meinem Fahrrad-Navi plötzlich scharf nach links. Kurzzeitig war ich verwirrt, weil dort nur ein kleiner Trampelpfad steil über eine Wiese nach oben führte. Ich wollte ja durchaus Abenteuer und Naturnähe, aber dieser Übergang war mir dann irgendwie doch etwas zu abrupt! Zumal auch hier die Autobahn direkt neben dem Wiesenpfad verlief.

Noch lauter wurde der Verkehrslärm, als ich nahe des Kurortes Spa den Formel-1-Kurs erreichte, auf dem zwar gerade kein Formel-1-Rennen stattfand, aber trotzdem fleißig (und lautstark) durch die Gegend geflitzt wurde. Später an diesem Tag passierte ich noch eine weitere Rennstrecke, und als mich dann ein endlich mal vielversprechend aussehender Wiesenpfad in eine Sackgasse schickte, sank meine Laune kurzzeitig auf den Tiefpunkt.

“Das muss doch besser gehen”, dachte ich mir die ganze Zeit – und nun folgt nach diesem wahrscheinlich auch für euch Leser*innen eher deprimierenden Einstieg die gute Nacht: Es wurde besser. Viel besser sogar. Das konnte ich nur zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, da es bisher quasi keine Erfahrungsberichte zu den GR²-Routen gab.

Am sehr schön gelegenen Camping Du Moulin angekommen hoben Pommes und selbstgebrautes Bier meine Stimmung schnell wieder an und ich beschloss, die weiteren Tage einfach auf mich zukommen zu lassen.

Etappe 2: Höhenmeter sammeln

Start / Ziel: Malmedy – Engreux (bei Houffalize)
Distanz / Höhenmeter: 78 km / 1.700 hm
Übernachtung: Camping au Bout du Monde (sehr schöner, ruhiger Campingplatz mit kleinem Restaurant / Biergarten)
GPX-Track: zur zweiten Etappe auf Komoot

Also ich sag mal so: Höhenmeter muss man schon mögen, wenn man in den belgischen Ardennen unterwegs ist!  So richtig flach ist es dort nämlich wohl nie (außer man nutzt das weitläufige Netz der RAVeL-Radwege).

Meine Route entsprach an diesem Tag allerdings eher dem Gegenteil eines gut ausgebauten und flachen Radwegs, und das war auch ganz gut so. Größtenteils führt mich die Strecke über ausgeschilderte Mountainbike-Routen, wobei die so ziemlich alles beinhaltet haben, was geht – von glattem Asphalt bis felsdurchsetztem Singletrail. Das ein oder andere Mal habe ich kurz geschoben, weil es zu steil und / oder holprig mit dem vollbepackten Gravel war, ansonsten ließ sich aber alles bestens fahren. Und so muss das ja bei einer guten Gravel-Route auch sein.

Vom Lärm und eher eintönigen Straßenbelag vom Vortag war jedenfalls nur noch wenig zu spüren. Über weite Strecken hinweg rollte ich einsam durch Wälder und über Felder. Hörte nichts als den Wind in den Bäumen, das Gluckern eines Baches und das Zwitschern der Vögel. Selbst manch einer der kleinen Orte und Dörfer schien wie ausgestorben. 

Wer belgisches Bier verkosten will, wird auf dieser Etappe übrigens gleich doppelt fündig: Im kleinen Ort Bellevaux etwas hinter Malmedy liegt die kleine Brauerei Bellevaux mit Biergarten. Dort kam ich allerdings schon früh am Morgen vorbei, sodass noch alles geschlossen war.

Und kurz vor Etappenende führt die Etappe durch Achouffe, wo eines der wohl bekanntesten Biere Belgiens herkommt (welches es seit diesem Jahr übrigens auch in einer alkoholfreien Variante gibt). Wer wie ich am Camping Au Bout du Monde (übersetzt: Ende der Welt) übernachten will (was ich sehr empfehlen kann), sollte das Chouffe aber lieber dort und nicht bei der Brauerei trinken. Achouffe liegt nämlich ziemlich weit unten – und der Campingplatz ziemlich weit oben! 

Eine lange, anstrengende Etappe – und trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) insgesamt wohl mein Lieblingstag der gesamten Tour.

Etappe 3: Zwischen RAVeL und Radsportmonument

Start / Ziel: Engreux – Sampont (bei Arlon)
Distanz / Höhenmeter: 77 km / 670 hm
Übernachtung:  Le Papillon d’or (schönes und relativ günstiges Bed & Breakfast mit sehr netten Betreibern; kein Abendessen und keine Verpflegungsmöglichkeiten in der Nähe)
GPX-Track: zur dritten Etappe auf Komoot

Im Vergleich zum Vortag ging es am dritten Tag deutlich gemütlicher zu. Weniger Höhenmeter, mehr Asphalt und ebene Wege. Ein Teil meiner Route verlief an diesem Tag sogar auf einem dieser RAVeL-Wege, und ganz ehrlich: Das ist kein Radfahren mehr, das ist schon Fliegen! 

Pünktlich zu meinem zweiten Frühstück erreichte ich Bastogne. Das Städtchen ist vor allem für seine Weltkriegsgeschichte bzw. die Erinnerungsstätten und Museen rund um dieses Thema bekannt. Ende 1944 trug sich hier die sogenannte Ardennenoffensive zu – einer der letztens Versuche deutscher Truppen, doch noch in den Westen vorzudringen. (Spoiler: Hat nicht geklappt.) Mit dem Bastogne War Museum gibt es ein sehr aufwändiges gestaltetes und sicherlich sehr beeindruckendes Museum, in dem man wohl einen ganzen Tag verbringen könnte. Deswegen bin ich gar nicht erst rein, obwohl ich das Museum wirklich gern mal besuchen würde (beim nächsten Mal dann!). Außerdem ist Bastogne auch Wendepunkt für das berühmte Radrennen Liège (Lüttich) – Bastogne – Liège, seines Zeichens das älteste, heute noch ausgetragene Eintagesradrennen.

Ein kurzes Stück hat mich die Route auch durch Luxemburg geführt. (Enttäuschenderweise sieht es dort gar nicht anders aus! ;-) ) Wer billig tanken und seinen Vorrat an Schnaps und Kippen auffüllen möchte, wäre in dem dadurch eher wenig charmanten Grenzort Martelange jedenfalls richtig.

Zuletzt geht es über Trails und Waldpfade meinem Etappenziel entgegen: Sampont, ein verschlafenes Örtchen, in dem heute mal eine nette kleine Unterkunft und kein Campingplatz auf mich wartete.

Etappe 4: Ein Sommer in Frankreich

Start / Ziel: Sampont – Bouillon
Distanz / Höhenmeter: 86 km / 1.1.60 hm
Übernachtung: Jugendherberge Bouillon (etwas oberhalb der Stadt; Privatzimmer verfügbar; mit Frühstück und Bar – inklusive Bier aus Orval)
GPX-Track: zur vierten Etappe auf Komoot

Hohe Felder, warmer Wind, tief fliegende Schwalben, kleine Nebenstraßen, die sich durch hügelige Landschaft winden. Am vierten Tag fühlte sich alles ganz besonders nach Sommer an. Oder vielleicht lag das doch an der französischen Luft?! Immerhin führt mich meine Route eine ganze Weile lang entlang der Grenze durchs Nachbarland. So richtig gemerkt habe ich davon allerdings nichts, zumal die Sprache die gleiche ist.

Ein Highlight der Etappe war auf jeden Fall die Abtei von Orval. Sie ist eine der sechs Trappistenabteinen in Belgien, fast tausend Jahre alt und ja, dort wird natürlich auch Bier gemacht. Das Restaurant in der Nähe ist übrigens so ziemlich die einzige Verpflegungsmöglichkeit auf dieser Etappe. Blöderweise ist mir erst später aufgefallen, dass ich meinen Snack-Beutel in der letzten Unterkunft vergessen habe. Damit ich nicht wegen Unterzucker vom Sattel kippe, habe ich die GR²-Route für eine Weile verlassen, um zu einem Supermarkt zu kommen. Und während ich so auf dem Supermarktparkplatz saß und an meinem Baguette knabberte, wünschte mir ein betagter Franzose inbrünstig “bon appetit”. Die Franzosen haben definitiv ein Herz für Radfahrer. Die Belgier aber auch!

Mein Etappenziel an diesem Tag war Bouillon. Um dorthin zu kommen, musste ich zum Ende der Etappe hin nochmal einen Hügel der größeren Sorte überwinden. Aber die kleine Straße durch wunderschöne Wälder war“trotzdem” mit der beste Teil dieser Etappe. Und Bouillon selbst ist sowieso ein ziemlich toller Anblick, wie es da so an der Flussschleife im Kessel liegt und von seiner Burg bewacht wird. 

Für alle, die wie ich in der Jugendherberge übernachten wollen: Die liegt weiter oben am Hang, also lieber nicht zu früh freuen, wenn ihr in Bouillon ankommt! (Notfalls ist der Weg aber kurz genug, dass man auch schieben kann.)

Etappe 5: Großer Ausblick und kleiner Vogel

Start / Ziel: Bouillon – Couvin
Distanz / Höhenmeter: 84 km / 1.440 hm
Übernachtung: Biwakplatz im Wald von Chamoy  (La Roche Trouée; kostenlos, aber reservierungspflichtig; mit Toilette und Feuerstelle; kein Wasser; kleiner Supermarkt wenige Kilometer vorher in Olloy-sur-Viroin)
GPX-Track: zur fünften Etappe auf Komoot

Morgens in der Jugendherberge haben sich erste Ermüdungserscheinungen von den Etappen der letzten Tage bemerkbar gemacht – die genau so lange anhielten, bis ich den ersten langen Anstieg aus Bouillon hinauf in die Hügel in Angriff nahm! Es ist schon immer wieder verrückt, wie man manchmal morgens noch denken kann “oh oh, ich glaub heut wird kein guter Tag” – und dann fährt bzw. läuft man los und es wird einfach der beste Tag.

Und der erste Anstieg hat sich auch direkt sehr gelohnt, denn oben gab es einen Aussichtsturm, von dem aus man einen hervorragenden Blick über Bouillon hat- und wahrscheinlich einen der besten Ausblicke in der ganzen Wallonie. Von diesem Anblick und der unverhofften Energie beflügelt verstrichen die Höhen- und Kilometer quasi unbemerkt. Und das, obwohl das Terrain mitunter holprig bis (verhältnismäßig) schwierig und mein Vorankommen dementsprechend langsam war. Immer wieder musste ich schieben, ein langer Downhill über einen trailartigen Weg im Wald erforderte später am Tag meine ganze Konzentration. Zumal er entlang eines urigen kleinen Bächleins führte, das natürlich nebenbei auch noch bewundert werden wollte.

Der wohl eindrucksvollste Moment des Tages war allerdings der, als der Trail nichtsahnend plötzlich endete und ich am Ufer der Maas ausgespuckt wurde. Plötzlich ganz viel Wasser, zahlreiche andere Radfahrer auf einem breiten, asphaltierten Radweg, Boote… kurz fühlte ich mich so, als hätte ich schlagartig eine andere Welt betreten. Und während ich so unbedarft auf dem Maas-Radweg vor mich hin rollte, nahm ich aus dem Augenwinkel ein blaues Glitzern war. Und blaues Glitzern am Wasser kann eigentlich nur eins bedeuten!

Eine ganze Weile konnte ich den Eisvogel beobachten, mich sogar erstaunlich nah an ihn heranpirschen, sodass mir selbst mit meiner relativ kurzen Linse ein akzeptables Foto gelingt. Und als war der Tag dort am Ufer der Maas nicht schon schön genug, habe ich es dort auch endlich geschafft, ein nervtötendes Klackern am Rad zu beheben, das mich für die ersten ~40 Kilometer der Tour begleitet hat. Was für ein Tag! Und er war noch längst nicht vorbei, denn ganz am Ende wartete ein weiteres Highlight auf mich: Ich übernachte auf einem der Biwakplätze, die es über ganz Belgien verstreut (allerdings nicht flächendeckend) gibt. (Mehr Infos dazu gibt es weiter unten.)

Zusammen mit der zweiten Etappe war das hier wohl meine Lieblingsetappe. Es muss also wohl doch an den Höhenmetern liegen. Je mehr, desto besser. 

Etappe 6: Ausrollen

Start / Ziel: Couvin – Thuin
Distanz / Höhenmeter: 82 km / 730 hm
GPX-Track: zur sechsten Etappe auf Komoot

Im Falle der sechsten und damit letzten Tages meiner Gravel-Bikepacking-Tour in den Ardennen müsste man das Wort „Gravel“ eigentlich in Anführungszeichen setzen: Zum einen führte die Route relativ lange über einen RAVeL, und zum anderen war ich zu Beginn der Etappe eventuell etwas faul und hab die ein oder andere Nicht-Asphalt-Passage durch eine nahegelegene Alternative mit Asphalt ausgetauscht, ähem… (Theoretisch wäre also ein bisschen mehr Offroad dabei gewesen an diesem Tag!)

Aber das Tolle am Gravelbiken ist ja, dass es auf so ziemlich jedem Untergrund Spaß macht. Und das Tolle an der Wallonie ist, dass es schier unendlich viele radtaugliche Wege gibt. So kann man das alles gestalten, wie man will, und ich wollte an diesem Morgen glückselig über einsame kleine Straßen rollen, während neben mir zwischen den Bäumen die Sonne aufging. 

Einfach mal den Kopf ausschalten, nicht auf den Weg achten müssen und gleichmäßig vor sich hin strampeln , das hat schon auch was. Und deswegen war ich auch gar nicht böse um den RAVeL mit der Nummer 109/2, der mich dann die übrigen 46 Kilometer von Chimay bis nach Thuin, meinem Etappenziel, begleitet hat. Ein schönes Ausroll-Manöver ohne größere Anstrengung, während dem ich sowohl die Landschaft als auch die Erinnerungen an die vergangenen Tage an mir vorüberziehen lassen konnte…

In Thuin angekommen bin ich direkt zum Bahnhof gerollt, denn ein Blick aufs Smartphone verriet mir, dass ein für mich passender Zug in 15 Minuten kommt. Wenn man schon mal so gutes Timing hat, dann muss man das auch nutzen! Und glücklicherweise kann man innerhalb Belgiens jeden (inländischen) Zug samt Fahrrad besteigen. Ganz ohne Reservierung und gegen geringen Aufpreis. Gerne mal nachmachen, andere Länder der Welt!

Mein Fazit zu den GR² Gravel-Routen in der Wallonie

Nachdem die ersten Kilometer meiner Bikepacking-Tour durch die Wallonie nicht ganz so überzeugend verliefen, waren die restlichen fünf von sechs Etappen wirklich großartig. Die Route war alles in allem ziemlich abwechslungsreich, nicht zu anspruchsvoll, aber auch nicht zu eintönig, wobei die Etappen insgesamt sehr unterschiedlich waren, was Untergründe und Höhenmeter anging. Alles in allem war meine Graveltour in den Ardennen ziemlich genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte, und meine Erwartungen waren durchaus eher hoch.

Das heißt natürlich nicht, dass alles perfekt war: Manch ein Asphalt-Abschnitt hätte vielleicht etwas kürzer sein können, und nicht jedes Städtchen, das man in dieser eher strukturschwachen Region passiert, ist so idyllisch, wie man es sich vielleicht nach Betrachtung der Hochglanzbroschüren erhofft. Aber alles in allem habe ich sowohl die Natur als auch die kleinen Ausflüge zu Kultur und Geschichte der Region sehr genossen, und meine Art des Reisens mit der eher spontanen Planung hat dort perfekt hingepasst. Für mich war das alles Gravel-Bikepacking, wie es sein sollte. Unaufgeregt und echt, mit einer Prise Abenteuer und mit ganz viel Natur. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass es vielen von euch da draußen genauso gehen wird.

Infos und Tipps fürs Bikepacking in den belgischen Ardennen

Für alle, die die belgischen Ardennen ebenfalls mit (egal welchem) Rad erkunden wollen (was ich sehr empfehlen kann), kommen hier noch ein paar praktische Infos zu meiner Tour und Tipps fürs Radfahren in Belgien.

An- und Abreise: Fahrradmitnahme in / nach Belgien

Von Deutschland aus ist die Anreise nach Belgien mit dem Fahrrad leider nicht ganz unkompliziert: unter anderem, weil der Thalys und die meisten anderen internationalen Züge leider keine Fahrräder mitnehmen (bzw. im Fall von Thalys nur mit abmontierten Rädern und in einer flexiblen Hülle). Eine Ausnahme ist der European Sleeper, der von Berlin über Bad Bentheim und Amsterdam nach Brüssel fährt und bei dem man das Fahrrad unkompliziert dazubuchen kann. Ansonsten ist ggf. auch Flixbus eine Alternative, oder eine Zugverbindung über die Niederlande, zum Beispiel über Maastricht. Theoretisch kann man die Tour auch einfach etwas verlängern und zum Beispiel ab Aachen mit dem Rad starten. Von dort ist es nur noch ein Katzensprung über die Grenze.

Hat man es erstmal nach Belgien geschafft, ist die Weiterreise unkompliziert, da so gut wie alle nationalen Züge Fahrräder transportieren. Das Tagesticket fürs Rad kostet 4 Euro (Stand 2023), Reservierungen sind nicht notwendig. Und es gibt sogar eine spezielle Webseite für die Radmitnahmen in belgischen Zügen, auf der man nachsehen kann, wie gut einzelne Verbindungen für die Fahrradmitnahme geeignet sind.

Orientierung

Die GR²-Routen sind (bisher?) nicht bzw. nur sehr vereinzelt als solche ausgeschildert, eine App wie Komoot auf dem Smartphone bzw. die Route auf dem Fahrrad-Navi müssen also auf jeden Fall mit dabei sein. Die offiziellen GPX-Tracks gibt es hier.

Für die GR²-Routen zwar weniger relevant, fürs Radfahren in Belgien insgesamt aber sehr praktisch ist zudem das Knotenpunktsystem, dass sich wie ein Netz über das ganze Land zieht.

Übernachten

Ich habe zwei Nächte auf Campingplätzen, eine Nacht in einem Hostel (Privatzimmer), eine Nacht in einer Pension / Bed & Breakfast und eine Nacht auf einem Biwakplatz übernachtet.

Unterkünfte

Neben Hotels findet man in den ländlichen Gebieten der Wallonie recht viele B&Bs, also Gästezimmer, teilweise auch ohne eigenes Bad, mit Frühstück. Eine Auswahl kann man sich hier ansehen, ansonsten findet man sie auch ganz klassisch über Buchungsplattformen wie booking.com oder über Google Maps.

Auch Hostels gibt es hier und da, die ich persönlich auf Rad- und auch Wandertouren immer besonders praktisch finde. Viele Hostels vermieten auch Privatzimmer, eine Unterstellmöglichkeit für Räder ist in der Regel vorhanden, genauso wie Frühstück und ggf. sogar Abendessen.

Eine tolle Sache ist außerdem das Netzwerk Vrienden op de Fiets (“Freunde auf dem Fahrrad”), das ursprünglich aus den Niederlanden kommt, aber auch in Belgien recht zahlreich vertreten ist. Hier findet man fahrradfreundliche Gastgeber, die für pauschal 25 Euro ein Bett und auch Frühstück zur Verfügung stellen. Die Jahresgebühr für die Nutzung der Plattform beträgt zusätzlich 10 Euro. Ich habe es selbst noch nicht ausprobiert, aber schon viel Gutes gehört.

Campingplätze

Auch Campingplätze gibt es zahlreich in der Wallonie, ein bisschen vorab recherchieren sollte man aber natürlich – und vor allem in den Sommermonaten ggf. auch zumindest wenige Tage im Voraus buchen, wenn man sichergehen möchte, dass es noch ein Plätzchen gibt. (Der erste Campingplatz, den ich nahe der deutschen Grenze angesteuert habe, war zum Beispiel komplett ausgebucht.)

Das Camping-Äquivalent zu Vrienden op de Fiets ist die Plattform Welcome To My Garden. Hier kann man Campingmöglichkeiten auf Privatgelände finden, die von einem einfachen Stück Wiese bis zu einem kompletten Gartenhäuschen mit eigenem Badezimmer reichen. Die Jahresgebühr für die Plattform liegt bei 36 Euro, die Übernachtungen sind dafür umsonst.

Sowohl Vrienden op de Fiets als auch Welcome To My Garden sind in der Wallonie (und auch im Rest Belgiens) zahlreich vertreten. Einziger Nachteil ist, dass man im Gegensatz zu einem Campingplatz oder auch Hostel nicht einfach spontan aufkreuzen kann, sondern im Idealfall zumindest einen Tag Vorlauf benötigt, da man die Gastgeber erstmal kontaktieren und auf Rückmeldung warten muss, ob die Übernachtung möglich ist.

Trekkingplätze

Wildcamping ist in Belgien nicht erlaubt, es gibt aber vereinzelt und vor allem entlang von Wanderwegen Biwakplätze, die kostenlos und meist auch ohne Reservierung genutzt werden können. Hier gibt es eine Übersicht über alle Biwakzonen in Belgien mit mehr Infos zu den jeweiligen Plätzen.

Die Ausstattung der Trekkingplätze ist unterschiedlich, grundsätzlich sollte man aber im Zweifelsfall davon ausgehen, keine Infrastruktur vor Ort zu haben. Manche Plätze verfügen jedoch über Wasser (das ggf. gefiltert werden muss), eine Trockentoilette, einen Feuerplatz und / oder ähnliches. Für längeres Camping sind die Plätze nicht vorgesehen, es geht dabei wirklich nur um Übernachtungen im Rahmen einer Mehrtagestour mit dem Rad oder zu Fuß. Zudem sollte man sich natürlich unbedingt an die Regeln von Leave No Trace halten.

Verpflegung

Alles in allem handelt es sich bei den belgischen Ardennen um eine eher dünn besiedelte Region, zudem verlaufen die GR²-Routen oft “ab vom Schuss”. Das bedeutet, dass man auch mal mehrere Stunden ohne Verpflegungsmöglichkeiten überbrücken muss. Ich habe mir morgens immer zwei Liter Wasser abgefüllt, einige Snacks eingepackt und bin so gut hingekommen. Ein größeres Hindernis ist die Verpflegungssituation also nicht, so ganz ins Blaue hinein losfahren sollte man aber auch nicht.

Verständigung

Auch wenn Englisch im französischsprachigen Teil Belgiens wohl insgesamt noch etwas üblicher ist als im benachbarten Frankreich, kann man nicht davon ausgehen, sich allein mit Englisch gut verständigen zu können. Irgendwie mit Händen und Füßen geht natürlich alles, aber ein paar Brocken Französisch können sicher nicht schaden. Gerade in touristisch geprägten Bereichen, zum Beispiel auf Campingplätzen oder in Unterkünften, kommt man aber oft auch mit Englisch durch, in der Nähe der deutschen Grenze wird zudem vermehrt Deutsch gesprochen.

Noch mehr Tipps für Radtouren in der Wallonie

Die Wallonie ist definitiv ein Paradies für Gravel-Abenteuer. Aber längst nicht nur!

Mountainbiken in den belgischen Ardennen

Die GR²-Routen sind prinzipiell auch für Mountainbikes geeignet, wobei meiner Meinung nach der Anteil an gezähmten Untergründen auf mancher Etappen dafür dann schon sehr hoch (zu hoch?!) ist. Zum Glück gibt es jede Menge Mountainbike-Routen in der Wallonie, mitunter durchaus auch anspruchsvoller, genauso wie einige Bikeparks. Ich bin während meiner sechstägigen Tour ganz regelmäßig auf die MTB-Markierungen (siehe unten) gestoßen und ihnen auf manchen Etappen auch oft gefolgt.

Wallonie mit dem Trekkingrad

Dank des RAVeL-Wegenetzes ist die Wallonie ein tolles Ziel für entspannte Radtouren mit dem Trekkingrad. Mehr als 1.300 Kilometer uumfasst das Netz aktuell, welches vorrangig entlang ehemaliger Bahntrassen und Treidelpfade verläuft. Die Wege sind perfekt asphaltiert, enthalten naturgemäß wenig Steigungen, sind ausführlich beschildert und in regelmäßigen Abständen mit Picknickbänken bestückt. Die Nummern der RAVeL-Wege entsprechen übrigens denen der Bahnlinien, die dort früher verliefen.

Die bekannteste Vertreterin der RAVeL ist wohl die Vennbahn, die auf 125 Kilometern durch Belgien, Deutschland und Luxemburg führt. Die RAVeL-Wege werden größtenteils von Radfahrer benutzt, sind aber prinzipiell für alle nicht-motorisierten Nutzer gedacht, als auch für Fußgänger, Reiter, Inlineskater und ähnliches. RAVeL steht übrigens für “Réseau Autonome des Voies Lentes”, also in etwa “das autonome Netzwerk der langsamen Wege”.

Daneben gibt es natürlich noch weitere Radwege und -Routen. So gibt es gleich fünf EuroVelo-Wege, die durch Belgien führen.  Eine Karte mit allen offiziellen Radtouren in der Wallonie gibt es hier.

Rennradfahren in der Wallonie

Ähnlich wie die Niederländer und Franzosen sind auch die Belgier sehr Rennrad-begeistert. Es gibt einige prestigeträchtige Rennen im Land, wie zum Beispiel das bereits erwähnte Eintagesrennen Lüttich – Bastogne -Lüttich. Die vielen kleinen Straßen und das stetige Auf und Ab sind perfekt für ausgedehnte Touren auf schmalen Reifen, auch wenn vorsichtshalber angemerkt sei, dass die meisten Radwege in Belgien besser in Schuss sind als manch eine Straße.


Warst du auch schon mal mit dem Rad in der Wallonie unterwegs und hast noch mehr Tipps? Oder hast du noch Fragen zu meiner Tour? Dann hinterlass gern unten einen Kommentar!

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