Seit 1976 treffen sich im kanadischen Banff die weltweit besten Filmemacher, Abenteurer und Alpinisten, um auf dem mehrtägigen Banff Festival Filme zu schauen, darüber zu diskutieren und natürlich Auszeichnungen zu verteilen. Die besten Dokumentationen gehen im Anschluss hinaus in die Welt. Traditionell startet die World Tour des Banff Mountain Film Festival 2015 in München und endlich war ich auch mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort und konnte mir die volle Ladung Outdoor-Gänsehaut abholen. (Iiirgendwann schaff ich’s auch noch mal zur E.O.F.T. – ganz bestimmt!)

Eigentlich bin ich ja gar kein so großer Fan von Outdoor-Dokumentationen per se, denn meistens verbinde ich das mit irgendwelchen actiongeladenen Filmchen, bei denen lebensmüde Menschen mit irgendwelchen Hilfsmitteln irgendwelche Berge hoch- oder runterschrammeln. (Übertreibung zur Verdeutlichung!) Das diesjährige Banff Mountain Film Festival hat mich diesbezüglich aber höchst positiv überrascht. Denn statt simpler Action gab es vor allem Filme mit jeder Menge Tiefgang für die Outdoor-Seele.

Da war der 88-jährige Eddie Hunter, der in Banff geboren wurde, immer noch Ski fährt wie ein verrückter und für den es das schönste ist, seine Kinder und Enkelkinder auf den Brettern zu sehen, die für ihn die Welt bedeuten. Da war der 14-jährige Kai Lightner, der nur Klettern darf, solange seine Schulnoten nicht darunter leiden. Und der trotz guter Noten einen Wettkampf nach dem anderen gewinnt. Da waren die Umweltaktivisten, die Kletterpioniere, der einbeinige Skifahrer… Und dennoch war der mahnende Zeigefinger, der über vielen der Filme schwebte, nie zu übermächtig und ließ stets genug Platz für Leichtigkeit, Unsinn und natürlich jeder Menge Sport aus verschiedensten Richtungen.

Drei der Filme haben bei mir besonders viel Eindruck hinterlassen. And the award goes to…

1. DamNation

Wie kann man die Kraft des Wassers im Einklang mit der Natur nutzen? Vor hundert Jahren schien es vernünftig, in den USA Dämme zu bauen. Sie lieferten günstigen Strom für ein Land, dessen Wirtschaft am Boden lag, sie regulierten den Wasserstand und reduzierten Flutkatastrophen. Doch zu welchem Preis? Canyons wurden geflutet und ganze Ökosysteme zerstört. Die Dämme veränderten die Landschaft – doch viele von ihnen sind schon seit Jahren außer Betrieb. Eine Reihe von Aktivisten prangert nun die Nutzlosigkeit dieser Betonblockaden an, stößt aber vielerorts nur auf taube Ohren. Und dass, obwohl hundert Jahre lange genug sein sollten, um die Entscheidungen der Vergangenheit zu überdenken…

Dämme. Wer denkt schon über Dämme nach? Vermutlich die wenigsten. Sogar der Macher des Films wusste am Anfang fast nichts über Dämme. Aber glaub mir, nach dem Film wirst Du über Dämme nachdenken! Und über Lachse. Und Menschen. Und Menschen und Lachse. Und Energiegewinnung. Und überhaupt über alles, was da draußen so schief läuft. DamNation ist wahnsinnig gut gefilmt und geschnitten und wer danach nicht sofort vom Kinosessel aufspringen, nach Amerika reisen und ein paar der 75.000 Dämme* (!!!) einreißen will, bei dem stimmt was nicht. Mein absolutes Highlight.  Elwha be free!

Hier geht’s zum Filmtrailer…

*für’s Protokoll: einberechnet wurden nur Dämme ab 1 Meter Höhe

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2. The Stonemasters

 Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist das Yosemite Valley die heimliche Heimat der amerikanischen Kletterer. Das „Camp 4“ war in den Siebzigerjahren „the place to be“, wo dank gewisser Substanzen nicht nur das Klettern für Höhenflüge sorgte. Die Kletterer rund um Jim Bridwell zu denen u.a. John Long, Lynn Hill, Ron Kauk und die Free-Solo-Legende John Bachar gehörten, waren bekannt als die Stonemasters (oder „stoned masters“?) und wegen ihres lässigen Lifestyles nicht gerade beliebt bei den Parkaufsehern. Nichtsdestotrotz eröffneten sie zahlreiche neue Routen, entdeckten den Reiz des Free-Solo-Kletterns und sorgten dafür, dass das Klettern als ernsthafter Sport wahrgenommen wurde.

Eine faszinierende Doku über freigeistige Menschen, die nicht nur gegen ihr eigenes Limit, sondern das einer ganzen Gesellschaft kämpften. Ich hätte noch stundenlang weiter mitlachen, mitfiebern, mitzittern… können. Auf dem Banff Mountain Film Festival 2015 wurde mit Stonemasters ein Teil der völlig zu recht ausgezeichneten Dokumentation “Valley Uprising” gezeigt. Ich muss unbedingt den Rest sehen! Und endlich mit dem Klettern anfangen.

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3. Sculpted In Time: The Wise Man

Eddie Hunter ist vermutlich der älteste Skifahrer im ganzen Banff National Park. Er wurde 1923 geboren, in dem Jahr, als das erste kanadische Skigebiet am Mt. Norquay eröffnet wurde und ist dem Schnee seiner Heimat seitdem immer treu geblieben. Noch heute stürmt er regelmäßig mit seiner Tochter und seinem Enkelsohn die Piste. Schwer zu sagen, wer dann auf wen stolzer ist: der Opa auf den Enkel oder umgekehrt. Denn beim Skifahren sieht man Eddie sein Alter nicht mehr an. „Ich hatte einige schwarze und einige weiße Jahre – insgesamt achtundachtzig “, sagt er schlicht, „so viele wie das Klavier Tasten hat.“

Einer dieser Filme, bei denen man ein Gefühl befreiender Gewissheit bekommt, weil es Menschen gibt, die auch noch im Alter das tun können, worauf sie Lust haben und was sie glücklich macht. Und weil einem mal wieder bewusst wird, dass das Leben nicht zwangsweise mit 45 vorbei ist. ( :-) ) Dieser Film ist pure Poesie! Ich hoffe, Eddie kann noch viele Jahre durch den Schnee cruisen. (Und ich mit 88 auch.)

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Für viele Städte in Deutschland gibt es noch Tickets! Alle Infos und Tickets findet ihr hier. Es lohnt sich!

5 Comments

    • Fräulein Draußen Reply

      Jaaaaa! Das wollte ich eigentlich auch noch dazu gesagt haben. Titel wurde wohl geändert, damit niemand verwirrt ist, weil ja nur ein Teil des Films gezeigt wird..

  1. Ich bin so froh, dass es in München noch einen Zusatztermin gibt. Hatte nämlich für letztes Wochenende (mal wieder) kein Ticket mehr bekommen. Aber im März werde ich ‘nachgucken’ :-)
    Bin gespannt.

    LG
    Manuela

    • Fräulein Draußen Reply

      Ich bin bei sowas normalerweise auch immer zu spät dran – keine Ahnung, wie das dieses Mal geklappt hat :D Viel Spaß beim Gucken! Bin gespannt, welche Filme Dir am besten gefallen…

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