Das Stettiner Haff befindet sich ganz im Nordosten von Mecklenburg-Vorpommern und ist das zweitgrößte Haff der Ostsee. Als Haff bezeichnet man ein flaches Gewässer, das vom Meer durch Inseln oder einen schmalen Streifen von Dünen getrennt ist. Im Westen wird die Lagune von Usedom, im Osten von der polnischen Insel Wollin begrenzt. Die deutsch-polnische Grenze verläuft mitten durch das Wasser.

Ich bin einmal rund um dieses Delta-Gebiet der Oder gereist – immer auf der Suche nach dem, was diese Gegend (unter anderem) so besonders macht: Naturbelassene, abwechslungsreiche und mitunter ziemlich einsame und wenig besuchte Landschaften sowie eine ganz besondere Tierwelt. Dabei war ich ohne große Vorplanung unterwegs und hab mich einfach treiben lassen. Dementsprechend ist diese Sammlung an kleinen und größeren Tageswanderungen auch kein allumfassendes “Best of”, sondern soll vor allem ein paar Eindrücke der Region zeigen und zu eigenen Erkundungen anregen.

Da es sich bei der Region um ein ökologisch wertvolles und vielerorts touristisch verhältnismäßig unerschlossenes Gebiet handelt, sollte man sich als Besucher / Wanderer besonders rücksichtsvoll verhalten und sich unbedingt mit den Leitlinien von Leave No Trace vertraut machen.


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Rundwanderung Anklamer Stadtbruch

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Der Anklamer Stadtbruch ist eine weite Moorlandschaft im Übergang zwischen Land und Meer. Und ein fast zwanzig Quadratkilometer großes Wildnisgebiet, das streng geschützt und Heimat für zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten ist. Der überwiegende Teil des Gebietes ist nicht betretbar, auf einer Rundwanderung kann man das Naturschutzgebiet und seine Bewohner aber zu Fuß besuchen.

Dabei geht es erst einige Kilometer auf einer kleinen Straße entlang, von der aus man einen guten Überblick über die weiten Wasserflächen mit unzähligen Wasservögeln und über die von Kranichen besetzten Felder hat.

Später wandert man mitten durch Schilf, Moor und Bruchwälder. Im Hochsommer sind die schmalen Wege dort ziemlich zugewachsen, und nach Regenfällen kann es auch schlammig und nass werden. Dem Wildnisgefühl kommt das alles sehr zugute, und gut versteckt im Schilf lässt sich auch die Vogelwelt ganz besonders gut beobachten.

Apropos Vogelwelt: Für Seeadler-Sichtungen gibt’s hier quasi eine Garantie. Allerdings sind die Vögel generell sehr scheu, daher sollte man auf keinen Fall das Fernglas beziehungsweise Teleobjektiv vergessen. Und auch die Kanäle sollte man immer im Blick haben: Biber und Fischotter gibt es hier nämlich ebenfalls reichlich.

Biber und Wikinger: Menzlin an der Peene

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Der kleine Ort Menzlin liegt etwas westlich von Anklam direkt an der Peene. Und was heute nach nicht so wahnsinnig viel aussieht, war einst ein wichtiger wikingerzeitlicher Handelsplatz. Die hier entdeckten Gräber, deren Überreste man auf dieser kleinen Wanderung besuchen kann, sind skandinavischen Ursprungs und ihrer symbolischen Schiffs- sowie Kreisform bislang einmalig an der südlichen Ostseeküste.

Aber auch abseits der Grabstätte gibt es auf dieser entspannten Rundtour viel zu entdecken. Denn der wiedervernässte Menzliner Polder mit seinem dichten, naturbelassenen Bewuchs ist ein ganz offensichtlich ziemlich gern genutzter Brut- und Rastplätze für unterschiedlichste Vogelarten. Ich glaube, ich hab noch nie so viele Silberreiher an einem Ort gesehen!

Gleich zwei Beobachtungstürme liegen auf dieser Route. Von dem einem hat man einen perfekten Rundumblick auf den Polder und die Reiher ziehen quasi direkt an der Nasenspitze vorüber. Der andere befindet sich am Ufer der Peene – gern als „Amazonas des Nordens“ bezeichnet – und in den späten Abend- und frühen Morgenstunden kann man von dort aus gut Biber beobachten. Eine Otterfamilie ist mir auch begegnet, und ein Seeadler saß am anderen Ufer auf einem der toten Bäume, während die Sonne langsam unterging. Was will man mehr?!

Noch besser kann man die Biber und andere Bewohner der Peene natürlich vom Wasser aus sehen. Geführte Touren, per Solarboot oder Paddelboot, kann man zum Beispiel beim Nature Guide Network finden.

Rund um den Eggesiner See

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Diese kleine Rundwanderung führt durch ein abwechslungsreiches Naturgebiet ein Stück nördlich der Kleinstadt Eggesin: Der “Eggesiner See”, der sich zum Ende der letzten Eiszeit aus Schmelzwasser gebildet hat, ist mittlerweile kein See mehr, sondern ein Verlandungsmoor und bietet vielen seltenen Pflanzen und Tieren ein Zuhause.

Von einem Aussichtsturm am südlichen Rand des Sees hat man einen tollen Blick über das Naturschutzgebiet, aber auch der Rest der markierten Rundwanderung lohnt sich sehr. So führt die Wanderung zum Beispiel durch einen weitläufigen Erlenbruch und alte Buchenwaldbestände.

Am Ausgangspunkt der Wanderung gibt es einige Parkmöglichkeiten, die Tour ist aber auch vom Bahnhof Eggesin aus gut machbar.

Tipp: Im Sommer Moskitospray nicht vergessen!

Durch Binnendünen und Wacholdertal bei Altwarp

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Das idyllische Fischerdorf Altwarp liegt fast direkt an der polnischen Grenze liegt. In der näheren Umgebung findet man eine fast schon erstaunlich abwechslungsreiche Natur mit Kiefernwald, Heide- und Wacholderflächen, Binnendünen und natürlich der Haffküste selbst – inklusive einer relativ großen Anzahl an Seeadlern. Auf einer gemütlichen Rundtour über einsame Wald- und Wiesenwege kann man die Region entdecken.

Halbinsel Gnitz und der Weiße Berg (Usedom)

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Ziemlich sicher eine der schönsten Wanderungen auf Usedom: Die Halbinsel Gnitz im nördlichen Achterwasser der Insel Usedom liegt weit abseits der gut besuchten Ostseebäder. Sie ist ein wunderbar ruhiges und verhältnismäßig unangetastetes Naturidyll, denn die Südspitze wurde bereits im Jahr 1991  gestellt, was sie zum Paradies für seltene Pflanzen und viele Vögel macht. Ein Highlight der Halbinsel Gnitz ist der 32 Meter hohe Weiße Berg mit seiner steilen Kliffkante und den großartigen Aussichten über das Krumminer Wiek.

Meine Rundtour hat mich erst rund um die Südspitze, dann auf einem kleinen Weg entlang des wilden Steilufers durch bewaldete Höhenzüge, und später durch Wald, Feld und blühende Wiesen zurück zum Ausgangspunkt geführt und ist sehr nachwandernswert.

Mümmelkensee und Steilküste bei Bansin (Usedom)

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Ein sonniger Sonntag im August, nahe der großen Seebäder Usedoms – da ist doch nicht weniger als die Hölle los! Dachte ich zumindest. Stattdessen bin ich die meiste Zeit allein durch den Wald gestreift und saß eine Stunde lang mit Fernglas am kleinen Mümmelkensee, ohne dass auch nur eine Menschenseele in mein Visier geriet.

Und selbst an der eindrucksvollen Steilküste bei Bansin traf ich nur wenige andere Wanderer, sodass ich die weiten Blicke über die Ostsee und den Sandstrand ganz in Ruhe genießen konnte. Erst am Badestrand und im Zentrum von Bansin habe ich entdeckt, wo sich die ganzen Urlauber tummeln: Genau dort nämlich.

Alles in einem eine schöne, abwechslungsreiche Rundtour, die man ganz offensichtlich selbst an vermeintlich besuchsreichen Tagen noch guten Gewissens unternehmen kann.

Kleine Runde im Nationalpark Wolin zum Türkissee (Polen)

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Der polnische Nationalpark Wolin ist für seine Steilküste und alten Buchenwälder bekannt – und vor allem letztere findet man auf dieser kleinen Rundtour. Gemeinsam mit dem Türkissee, einer ehemaligen Kalkgrube, die sich mit Regenwasser gefüllt hat. Noch toller als der Blick auf den See selbst ist aber das weite Panorama über das Stettiner Haff. Und auch der alte Mischwald, durch den die Route führt, ist wirklich wunderschön.

Es gibt am Ausgangspunkt einen größeren (kostenpflichten) Parkplatz und ein kleines Restaurant.

Haffblick und Hochlandrinder bei Czarnocin (Polen)

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Der Bär steppt in der Gegend rund um Czarnocin und Kopice nicht unbedingt. Dafür eignet sich diese verschlafene und ziemlich ländlich-idyllische Ecke wunderbar für Naturerkundungen auf der polnischen Seite des Oder-Deltas. Die Infrastruktur für Wanderer ist allerdings noch ausbaufähig und ich würde empfehlen, lieber das Rad zu wählen. Da ich meines leider nicht dabei hatte, hab ich mich aber „trotzdem“ zu Fuß aufgemacht, um die Blicke aufs Wasser zu genießen und den Konikpferden und Hochlandrindern einen Besuch abzustatten.

Tipp:

  • Wer noch tiefer in die Natur dort eintauchen will, sollte unbedingt oderdeltasafaris.com kontaktieren. Kopice ist nämlich ein perfekter Ausgangsort für Seeadler-Beobachtungen vom Wasser aus, aber auch für die restliche Vogelwelt und Landbewohner gibt es dort Angebote (auch individuell / maßgeschneidert).
  • Der kleine Badestrand von Czarnocin ist ebenfalls einen Besuch wert, und das kleine Waldstück südlich des Ortes ist eines von 425 Waldflächen, auf denen Wildcamping in Polen seit 2021 offiziell erlaubt ist. 

Alle meine Touren gibt es auch gesammelt als Collection in meinem Komoot-Profil:


Exkursion: Rewilding am Oder-Delta

Durch seine Lage und Beschaffenheit ist das Stettiner Haff einer der zentralen ökologischen Knotenpunkte in Mitteleuropa – und somit wie gemacht für die Stiftung Rewilding Europe, die vor allem ein Ziel verfolgt: Europa (wieder) wilder machen. Im Jahr 2015 wurde Rewilding Oder Delta als achte sogenannte Rewilding-Region ins Leben gerufen.

Der Grundgedanke, dass die Natur am besten und auch am effizientesten selbst für ihr Gleichgewicht sorgen kann, steckt hinter dem Naturschutzkonzept des Rewilding. Durch bestimmte unterstützend Maßnahmen soll in den Ökosystemen wieder mehr Natürlichkeit zugelassen werden, sodass in Zukunft möglichst wenige bis keine Eingriffe nötig sind. Dadurch sollen bedrohte Tier- und Pflanzenarten wieder mehr Lebensraum bekommen, Natur aber auch widerstandsfähiger gegen den Klimawandel und Naturkatastrophen werden.

Eine der Besonderheiten des Rewilding-Konzepts ist dabei, dass Menschen nicht aus der Natur ausgesperrt werden sollen. Vielmehr soll der Mensch durch aus Zugang zu dieser wilderen und möglichst intakten Natur haben und die Wildnis genießen können. Gleichzeitig sollen die Menschen vor Ort auch direkt davon profitieren können.

Ich habe die Initiative Rewilding Oder Delta im Rahmen meiner Rundreise ums Stettiner Haff einen Besuch abgestattet und durfte so noch viel mehr über diese wertvolle Arbeit erfahren. Mehr darüber schreibe ich in meinem zweiten Buch Fräulein Draußens Gespür für Wildnis (Werbelink).


Warst du auch schon mal in dieser Gegend unterwegs und hast noch weitere Tipps für schöne Touren und Ecken? Ich freu mich auf deinen Kommentar!

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