Zuletzt aktualisiert am 15. Dezember 2016
Hoch ragen die felsigen Gipfel des Pizzo Aglio, der Rocca Calanna und der Rocche del Crasto über dem Rosmarino-Tal empor. Die einsame, wilde Landschaft wird nur durch ein paar kleine Bergdörfer und eine kleine, kurvige Straße voller Schlaglöcher durchbrochen. Schon die Fahrt hierhin war ein Abenteuer, nicht zuletzt für den Magen. Hier, an den schroffen Ausläufern der Nebrodiberge, kann man zu Fuß das wahre Gesicht Siziliens entdecken.
Sizilien war für uns an den ersten Tagen unserer Reise vor allem eins: laut, dreckig und anstrengend. Palermo hatte uns vollkommen überrumpelt und uns regelrecht in die Arme der sizilianischen Wildnis getrieben. Zum Glück hatten wir von Anfang an geplant, den restlichen Urlaub an der Nordküste der Insel zu verbringen, in einer kleinen rustikalen Unterkunft oben in den Bergen. Von dieser Unterkunft war auch der Nebrodi Naturpark (Parco dei Nebrodi) nicht weit, an dessen nördlichem Rand die Rocche des Crasto liegen.
Die kleinen Bergstraßen machten unseren Mägen sehr zu schaffen, aber irgendwie schafften wir es dann doch ohne Unfall und dank diverser Fahrerwechsel bis zum Ausgangspunkt der Wanderung. Die hellen Felswände aus Dolomitgestein und die verkarsteten Kalkfelsen begleiteten uns schon seit einiger Zeit, und nun waren wir mittendrin in diesem Wunderland aus Stein und Fels.
Der Kontrast mit der herbstlich gefärbten Landschaft war grandios – es war immerhin schon November! Ziemlich heiß war es allerdings trotz aller Herbstlichkeit in der prallen Sonne.
Vorbei an wahnwitzigen Ziegen, kleinen Hütten, alten Brunnen und dicken Eseln ging es immer höher hinauf in die wilde Bergwelt der Insel. Die Ausblicke auf die Berge, das Meer und die umliegenden kleinen Dörfchen waren wunderschön.
Nur die Pause auf halbem Wege fiel leider etwas kurz aus, da in der Ferne dunkle Wolken aufzogen, die ziemlich schnell immer näher kamen. Bevor sie bei uns waren, wollten wir den Präsentierteller lieber verlassen haben.
Und in der Tat wurden wir von einem heftigen Regenguss erwischt. Glücklicherweise waren wir zu diesem Zeitpunkt schon wieder runter vom Fels und auf einem kleinen Fahrweg, der langsam und in großem Bogen zurück zur Bergstraße führt, vorbei an kleinen Häuschen und Geröllfeldern und den ziemlich cool aussehenden Wolfsmilchbüschen.
Aber was wäre ein Ausflug zum wahren Gesicht Siziliens ohne dabei auch auf die wahren Gesichter wahrer Sizilianer zu treffen? Das dachte sich der Bauer wohl auch, der uns auf dem Rückweg ansprach und beharrlich darauf bestand, uns sein nur wenige Gehminuten entferntes Haus zu zeigen und seine Familie vorzustellen.
Also fanden wir uns wenig später, nass und ausgekühlt vom Regenguss, im Gemeinschaftszimmer eines kleinen sizilianischen Bauernhauses wieder, mit einem Tässchen viel zu starkem Espresso vor uns und einer Dose Keksen, die wohl sonst nur zu Weihnachten geöffnet wird. Der Herr des Hauses sprach etwas Deutsch, da er in den 70er Jahren in einem Weingut bei Würzburg gearbeitet hatte und wir waren hin und weg von der Gastfreundschaft, Begeisterungsfähigkeit und dem Humor der Familie.
Zum Abschied gab es Umarmungen, Erinnerungsfotos, Adressentausch und das Versprechen, dass wir ganz bestimmt wiederkommen würden, wenn wir mal wieder in der Gegend wären. Wir waren ziemlich gerührt.
Wir bedankten uns dann zu Weihnachten mit einem großen Paket voll toller Dinge und wären nur zu gern dabei gewesen, wenn dieses Paket das kleine Häuschen tief im sizilianischen Hochland erreichen würde.
Hinweise zur Wanderung
Ausgangspunkt: An der Straße zwischen Alcara li Fusi und Longi
Höhenmeter: 610
Anforderungen: einfache Wanderung, die jedoch etwas Orientierungsvermögen verlangt (nur auf einem kurzen Stück weglos, allerdings nicht markiert)
Einkehr: nicht vorhanden
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6 Comments
Von der Seite kenne ich Sizilien noch gar nicht! Ich muss über die Kekse lachen, aber die Einladung war doch nett, nicht wahr? Die Vorfahren meines Mannes (väterlicherseits) stammen aus Sizilien. Irgendwann haben wir den „Clan“ einmal spontan besucht. Meine Güte, so viel Zeit hatten WIR gar nicht : ) Sonnige Grüße, Jutta
Die Einladung war supermegaobernett!! Wegen den Keksen hatten wir halt ein schlechtes Gewissen :-)
Praktisch, solche Clans an schönen Orten zu haben! Mein Clan kommt aus Hessen, yaaaaay…
Liebe Grüße
Kathrin
Hallo Kathrin,
hast du noch Infos zu eurer Unterkunft? Wir wollen in 2 Wochen nach Sizilien und sind auf der der Suche nach Ideen…
Gruß Mario
Hallo Mario,
wir waren damals in >dieser< Unterkunft. War ganz schön, die Besitzerin sehr nett. Hausgemachter Kuchen, Marmelade etc. zum Frühstück. Leider war es im November schon zu kalt / dunkel, um abends noch draußen sitzen zu können. Schöne Wandergebiete in der Nähe. Viel Spaß auf Sizilien!
Hallo Kathrin,
danke für die Info. Unterunft ist notiert. Vielleicht ergibt es sich, das wir dort Station machen.
Gruß Mario
PALERMO war 2008 meine auserwählte „Weihnachts-Flucht-Residenz“, um den Zwängen in Deutschland zu entgehen – es kann einem allerdings passieren, dass es in der Weihnachtszeit auf Sizilien schlechteres Wetter gibt, als in Germany. Palermo kommt mit meinen „Ergüssen“ von Neapel nicht mit…
Ihre Beiträge gefallen mir – auch die Fotos (was man bei anderen Blogs oftmals nicht sagen kann).
Bin schon mehrere Tage drauf.
Allerdings bin ich leider auf Sizilien noch nicht in Parcos und Hochebenen gekommen, kann ja noch werden…
Wenn man bedenkt, dass Goethe von Palermo nach Agrigent u. dann quer nach Messina damals getourt ist…
Noch lesenswerter ist allerdings Gottfried Seume („Spaziergang nach Syrakus“), der Sizilien ganz umrundet hat.
Buchhinweise auf meinem Blog (mal ein bisschen Schleichwerbungs machen).
MfG
herrrothwandertwieder