“Like a man travelling in foggy weather, those at some distance before him on the road he sees wrapped up in the fog, as well as those behind him, and also the people in the fields on each side, but near him all appears clear, though in truth he is as much in the fog as any of them.”
(Benjamin Franklin)
Die Fenster sind auf Anschlag, der Wind zerstört gewollt die Frisur, aus den Lautsprechern dröhnt “The Passenger” von der besten Blondine der Welt (Iggy Pop), Arme raus, Stimmung hoch, Freiheit, Sorglosigkeit: Das ist Amerika, das ist der Highway 1! Zumindest in der Fantasie. Bis Dein Vater Dir sagt, dass er ja damals vor 30 Jahren gar nichts gesehen hat von der berühmtesten Küstenstraße der USA, weil diese komplett im Nebel lag. Lautes Kratzen, die CD hängt, aber du denkst dir einfach: “Aaaaaach was, bei mir wird das sicher ganz anders. Mein armer Vater ist eben vom Pech verfolgt. Aber ich, ja ICH bin ein Kind des Glücks! Und ich habe Hoffnung bis zuletzt..”
Und dann stehst du dort, nach 26 Tagen voller Roadtrip-Glück, an einer Klippe irgendwo hinter Malibu, und denkst nur: “What the f… og!” Aus die Träume, die Dir von Hochglanzpostern, Reiseführern und den Roadtrip-Movies aus Deiner Kindheit so mühevoll ins Hirn gepflanzt wurden. Der Highway 1, die berühmte und sagenumwobende und oft kopierte, aber selten erreichte Küstenstraße ist quasi. Nicht. Da. Da ist nur noch Dillon, die mit viel zu schwacher Stimme gegen den Nebel ansingt (“Tip tapping, I was tip tapping, tip tapping in the dark..“), und eine Dose Dosenpfirsiche, aus denen du von deiner Mitfahrerin in regelmäßigen Abständen gefüttert wirst. Eine Dose Dosenpfirsiche. Das letzte, viel zu süße Überbleibsel einer atemberaubenden Reise… die nun so enden sollte?
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Aber es hilft ja nichts, es muss zu Ende gebracht werden. Flugzeuge und Autovermietungen warten nicht auf besseres Wetter. Und so tauchst Du ein und findest Dich bald wieder in einer Welt aus hellem, mittelhellem, halbdunklem und noch etwas dunklerem Grau. Aber Moment! Da ist doch noch mehr…
Da sind die imposanten Felsen, die sich wie Draculas Spukschloss aus dem Nebel abheben, im ewig tragischen Kampf gegen die tosende See.
Und da sind die Bäume, deren knorrige Äste durch den Kontrast mit dem weichen Nebel überhaupt erst richtig zur Geltung kommen. Da ist dieser kleine bunte VW-Bus, der im Sonnenschein einfach nur ein Auto gewesen wäre, in diesem Nebel aber wie ein Clown auf der Durchreise alle aufheitert, denen er begegnet.
Da ist die Seeelefanten-Kolonie, die mit ihren wuchtigen grauen Körpern und ihren schwerfälligen Bewegungen vor cyanblauem Himmel wie eine Horde übergewichtige Malle-Urlauber in El Arenal ausgesehen hätte, die ihren Rausch am Strand ausschlafen. Für diese Nebelszenerie aber sind sie wie gemacht, geradezu perfekt, eigentlich gar nicht wegzudenken.
Da sind die schwarzen Vögel, die im Nebel doch viel mehr sind als nur das: Treue Begleiter, deren eindringlicher Blick aus gelben Augen gleichzeitig auch zur Achtsamkeit ermahnt. Schau, da ist der Wind, das Meer, siehst Du? Hörst Du? Fühlst Du?
Da sind die Holzschilder am Straßenrand, die im dichten Nebel der Küstenstraße nicht einfach nur den Weg zum nächsten Imbiss zeigen, sondern wie Zeichen vergessener Zeit in die Richtung der anderen Welt weisen, die gleich hinter der nächsten Einfahrt liegt und doch ferner nicht sein könnte.
Und da ist natürlich die Straße selbst, die immer nur ein kleines Stück von sich preisgibt, und gleichzeitig dafür ein anderes Stück wieder verschluckt. Asphaltgewordene Personifizierung der Gegenwart. Du musst im Hier und Jetzt leben, denn da hinten gibt es nichts, und da vorne auch nicht. Immer nur Hier und Jetzt, Hier und Jetzt, Hier und Jetzt…
Und irgendwann, ganz schleichend, wie der Nebel, der vom Meer heraufzieht und sich über alles legt, was an der Küste ist und zu sein scheint, so kommt dir die Erkenntnis, dass diese Straße gar nicht schöner zu erleben wäre. Dir wird bewusst, dass der Highway 1, und alles was ihn umgibt und ausmacht, einfach für den Nebel gemacht ist. Wie viel wohl verborgen geblieben, wenn der Nebel dir nicht den Blick für das Wesentliche geöffnet hätte? Stück für Stück für Stück für Stück…
7 Comments
Ja, war ich! Es war ein wenig blauer, aber nicht ganz nebelschwadenfrei : ) Toll geschrieben!
Na immerhin :D Dankeschön!
Viele Grüße
Kathrin
Hallo Kathrin,
toller Artikel…! :) Wir sind den Hwy #1 auch schon einige Male gefahren…hatten aber die meiste Zeit besseres Wetter. Hier findest Du unseren Bericht von unserer letzten Tour :
http://feel4nature.com/california-cruisin-entlang-der-traumstrasse-california-coastal-highway-1/2014
Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg mit Deinem tollen Blog!
Beste Grüße, Christian
Hi Christian,
danke Dir! Hmmm, hat schon auch was, so mit blauem Himmel ;-)
Viele Grüße
Kathrin
Hallo Kathrin, wir hatten beim Losfahren noch strahlenden Sonnenschein aber irgendwann kamen wir dann in die Nebelwand und dann sah es genauso aus wie bei dir ;) Ich war schon echt “traurig” aber immerhin ging es ja nicht nur mir so ;)
hey kathrin,
darf ich fragen wann du genau dort warst also zu welcher Jahreszeit? wir hatten überlegt Anfang Februar hinzufliegen und das wäre ja interessant zu wissen für die zeit. danke dir!
Hi Sophie, das war Mitte Oktober. Nebel kann es dort aber immer geben, das ist relativ unabhängig von der Jahreszeit. Schön ist er aber ganz bestimmt immer. :-)
Viele Grüße,
Kathrin