[enthält Werbung | Gastartikel] “Während ein Specht gleich über mir den Stamm der Buche bearbeitet und ich seit zehn Kilometern niemandem begegnet bin außer eben diesem Specht, einem Hasen, einer Raupe und zwei Eichhörnchen, treiben meine Gedanken selbstständig vor sich hin. In meinem Kopf bin ich überall und nirgendwo, tatsächlich bin ich aber mitten im Herzen des Odenwalds, einem deutschen Mittelgebirge, das von dem Trubel der Zivilisation eigentlich nicht allzu weit entfernt liegt. Die nächste Großstadt ist immerhin keine geringere als Frankfurt am Main! Das aber kommt mir ziemlich weit weg vor, während ich durch den Wald und über Felder ziehe und mich am roten „N“ auf weißem Grund entlanghangele, das meine Wanderung zuverlässig markiert.”

Der Nibelungensteig quert den Odenwald von Ost nach West, von Zwingenberg an der Bergstraße bis nach Freudenberg am Main. Auf 130 Kilometern gilt es dabei, rund 4.000 Höhenmeter zu überwinden, was die Tour zu einer eher fordernden Mehrtageswanderung macht.

Unterwegs taucht die Route tief in den Wald ein, führt über endlose Hügellandschaften, vorbei an Feldern, Weinreben und alten Burg(ruin)en, die Geschichten erzählen. Und natürlich sind auch immer wieder Hinweise auf die Nibelungensage zu entdecken, in der der Odenwald oft eine Rolle spielt.

In diesem Artikel berichtet Gastautorin Franziska Consolati von ihrer einwöchigen Wanderung  auf dem Nibelungensteig und gibt Tipps für alle, die ebenfalls Lust auf eine ausgedehnte Tour durch die Region Bergstraße-Odenwald haben.


Werbehinweis: Dieser Artikel entstand in bezahlter Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung Bergstraße GmbH und enthält Werbung für meinen Kooperationspartner Komoot. Mehr zum Thema Werbung auf diesem Blog kannst du hier nachlesen.


in sechs Tagen auf dem Nibelungensteig

Offiziell ist der Nibelungensteig in sieben Etappen aufgeteilt, wobei die Etappenlänge sehr variiert und sowohl lange als auch verhältnismäßig kurze Tagesdistanzen vertreten sind. Ich habe die Strecke auf sechs Tage aufgeteilt, indem ich die beiden eher kurzen Etappen 6 und 7 zusammengelegt habe. Grundsätzlich ist beides gut möglich, wobei man bei der Etappenplanung auf jeden Fall die Höhenmeter mit einberechnen sollte. Die haben mich definitiv das ein oder andere Mal zum Schwitzen gebracht und meine Beine schwer werden lassen.

Etappe 1: Von Zwingenberg an der Bergstraße nach Lindenfels

Pünktlich mit den ersten Sonnenstrahlen in Zwingenberg an der Bergstraße breche ich zu meiner ersten und gleichzeitig längsten Etappe auf dem Nibelungensteig auf. Es dauert nicht lange – keinen einzigen Kilometer, um genau zu sein – da macht der Nibelungensteig seinem Ruf als sportlicher Wanderweg schon alle Ehre. Es geht nämlich bergauf, noch bevor der Kiesweg die Teerstraße ablöst.

Der Start des Steigs ist groß und irgendwie auch ein wenig feierlich mit einem stählernen “N” und den Silhouetten der Sagenfiguren Siegfried und Kriemhild ausgewiesen. Gleich daneben führt der Weg in Serpentinen nach oben. Vorbei an Weinreben, hinter denen immer wieder Zwingenberg auftaucht, hinauf zum höchsten Punkt entlang der hessischen Bergstraße: dem Gipfel des 517 Meter hohen Melibokus.

Von einer kleinen Plattform aus kann ich zwischen den Bäumen hindurch sehen. Zu meinen Füßen liegt die Rheinebene mit ein paar Ortschaften und einem Mosaik aus Feldern. Auf der anderen Seite des Melibokus, nach ein paar hundert Höhenmetern, die ich tief in den Wald abgestiegen bin, wartet das nächste Highlight. Und ich kann mich nicht erinnern, so etwas schon einmal gesehen zu haben:

Mitten im Wald tauchen zwischen den Baumstämmen plötzlich Felsen auf. Riesige, meterhohe Steine, hier einer, dort einer. Je weiter ich auf dem schmalen Waldpfad weiterlaufe, desto kleiner werden die Abstände zwischen diesen Felsen. Bis sie schließlich übereinandergestapelt eine Schneise aus grauem Stein bilden, die sich zwischen den Bäumen bis ins Tal runter schiebt.

Es sieht aus, als wären die riesigen Felsen einfach vom Himmel gefallen. Und so ähnlich haben es sich die Menschen wohl auch erklärt, bis sie dem tatsächlichen Grund auf die Schliche kamen: Als vor rund 340 Millionen Jahren die beiden Urkontinente zusammenstießen, entstand diese Gesteinsschmelze in rund zwölf Kilometern Tiefe. Über die Jahrmillionen wurde der Boden nach und nach abgetragen, wodurch das Felsenmeer heute an der Oberfläche liegt und Wanderer zum Schlendern, Staunen und Klettern einlädt.

Mein Ziel an diesem Tag ist der Campingplatz in Schlierbach, und dort gibt es ein paar ganz besondere Unterkünfte: Neben den Bubble Tents, also komplett durchsichtigen Zelten mit richtigem Bett und allem drum und dran (die allerdings erst ab zwei Nächten buchbar sind), kann man hier als Wanderer eine Nacht in einem Dachzelt buchen – inklusive freiem Blick über das Schlierbachtal.

Distanz: ca. 25 Kilometer / 1.080 Höhenmeter
Etappe auf Komoot mit GPX: Nibelungensteig – Tag 1
Verpflegung: in Zwingenberg mehrere Versorgungsmöglichkeiten; etwa auf halber Strecke dieser Etappe (rund 400 Meter vom Steig entfernt) gibt es außerdem einen Aldi in Lautertal-Reichenbach
Unterkunft: Terrassencamping Schlierbach; wer am Vorabend schon nach Zwingenberg ankommt, kommt gut im Hotel Garni zur Bergstraße unter
Besonderheiten unterwegs: historische Altstadt Zwingenberg; Gipfel des Melibokus; Reichenbacher Felsenmeer; Gipfel des Krehbergs; Ausblick von der Mathildenruhe (kurz vorm Campingplatz)

Etappe 2: Von Lindenfels nach Grasellenbach

Während ich gestern noch versucht habe, möglichst zeitig loszukommen, ist meine Strategie an diesem zweiten Wandertag die Gegenteilige: Ich lasse dem Regen der Nacht möglichst viel Zeit, um weiterzuziehen. Frühstücke länger und laufe später los. Auf die Uhr zu schauen brauche ich heute ohnehin nicht, denn die Etappe von Schlierbach nach Grasellenbach zählt mit gut 15 Kilometern zu den Kürzeren.

So habe ich kurz nach dem Start auch noch ausreichend Zeit, um durch die kleinen Gassen von Lindenfels zu schlendern. Vorbei an wunderschönen Fachwerkfassaden und einer Burgruine, die ganz oben auf dem Hügel liegt. Nach dem roten Kopfsteinpflaster dauert es nicht lange, bis ich wieder in den Wald eintauchen darf. Und in was für einen! Die Farne, Sträucher und Büsche zwischen den Stämmen sind so üppig grün, dass ich mich ein bisschen fühle wie in einem Urwald. Die Vögel singen laut und durcheinander, als ich durch ihr Wohnzimmer stapfe. Und der Nebel zwischen den Baumkronen lässt den Wald wirken wie im Märchen.

Für ein paar Sekundenbruchteile schafft es das Licht hin und wieder durch die Wolkendecke und malt die schönsten Strahlen zwischen den Blättern hindurch auf den Waldboden. So geht es Kilometer für Kilometer für Kilometer über Waldpfade dahin. Andere Wanderer treffe ich heute erst wieder, als ich durch das wildromantische Gassbachtal auf mein Etappenziel für heute zusteuere: den Kneipp-Kurort Grasellenbach.

Distanz: ca. 15 Kilometer / 520 Höhenmeter
Etappe auf Komoot mit GPX: Nibelungensteig – Tag 2
Verpflegung: knapp 200 Meter vom Steig entfernt liegt in Lindenfels ein Nahkauf; außerdem gibt es dort eine Bäckerei; Hofladen in Grasellenbach (nur Do – Sa geöffnet)
Unterkunft: Landhotel Siegfriedbrunnen
Besonderheiten unterwegs: Ausblick auf Lindenfels kurz nach dem Ortsausgang; Gassbachtal; möglicher Abstecher zum Schannenbacher (Hoch-)Moor; Walburgiskapelle; Serpentinenweg hinauf zum Kahlberg

Etappe 3: Von Grasellenbach nach Bullau

Ich hab die Augen an diesem Morgen noch nicht ganz offen, da nehme ich schon den Regen wahr, der gegen die Fensterscheibe meines Zimmers prasselt. Überrascht bin ich nicht, denn heute soll der Himmel laut Vorhersage noch einmal alle Schleusen öffnen, bevor ich für die zweite Hälfte auf dem Nibelungensteig dann schönstes Herbstwetter genießen werde.

Das ist eine gute Aussicht, die mir an diesem Tag definitiv hilft, voranzukommen. Dennoch wünsche ich mir das ein oder andere Mal, dass die Wolken endlich Ruhe geben. Einerseits, weil ich für einige Stunden in nassen Schuhen unterwegs sein werde. Andererseits, weil die Wolken und der Nebel vor allem vormittags so tief hängen, dass ich von der spannenden Landschaft um mich herum kaum etwas zu sehen bekomme. So durchquere ich an diesem Tag beispielsweise ein Hochmoor, das im Verborgenen bleibt. Und Wälder, bei denen ich kaum hinter die nächsten Stämme erkennen kann. Was bleibt, ist eine wunderbar mystische Stimmung, die über dem Odenwald liegt und die zweifelsohne ihren ganz eigenen Reiz hat. Und selbst bei diesem Wetter genieße ich das Wandern auf dem Nibelungensteig (von der Sache mit den nassen Schuhen mal abgesehen).

Und dann werden die dunkelgrauen Wolken doch noch mit jedem Kilometer ein klein wenig heller, die Regentropfen kleiner und die Luft wärmer. Pünktlich zur Etappen-Halbzeit und einem wirklich schönen Pausenplatz gibt der Regen auf.

Ich mache es mir auf dem Steg des Marbach-Stausees gemütlich und nutze die Gelegenheit, um nach den ersten 14 Kilometern meine Beine auszuruhen und die Wolkenstimmung zu betrachten. Der Stausee ist nicht nur das größte Stillgewässer des Odenwaldes, sondern in Teilen auch als Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Umringt wird er von einer besonders üppigen Vegetation und einem Wald, der fast bis ans Ufer reicht. Eine ganze Weile lang sehe ich dabei zu, wie Schwalben Tänze in der Luft aufführen und ein Entenpärchen im Schilf nach Mittagessen sucht.

Anschließend tauche ich wieder in den Wald ein, bis vor mir zwischen den Bäumen ein riesiges Bauwerk auftaucht: das Himbächel-Viadukt, das in zehn Bögen das ganze Tal überspannt. Ein beeindruckender Anblick, der für mich schon fast den Endspurt einläutet. Denn von hier sind es nur noch sieben Kilometer bis zu meinem Etappenziel. Auf ihnen schlängelt sich die Route wieder durch tiefen Wald und immer leicht bergauf, bis sie schließlich als schmaler Steig durch die mit Moos überwachsenen Buntsandsteinblöcke des Ebersberger Felsenmeers führt. Am höchsten Punkt angekommen verläuft der Weg durch Felder bis nach Bullau.

Distanz:  ca. 27 Kilometer / 780 Höhenmeter
Etappe auf Komoot mit GPX: Nibelungensteig – Tag 3
Verpflegung: Einen Supermarkt gibt es auf dieser Etappe nicht (auch nicht im Start- und Zielort), in der Molkerei Hüttenthal aber immerhin ein paar Snacks.
Unterkunft: Café Best
Besonderheiten unterwegs: Hochmoor hinter Grasellenbach; Molkerei Hüttenthal; Marbach-Stausee; Himbächl-Viadukt; Ebersberger Felsenmeer

Etappe 4: Von Bullau nach Hesselbach

Ich kann es kaum abwarten, loszulaufen, obwohl ich an diesem Morgen deutlich die Kilometer und Höhenmeter der letzten Etappen in meinen Beinen spüre. Und das Gewicht des Rucksacks auf meinem Rücken.
Das aber spielt heute keine Rolle. Alles, was zählt, sind die Wolken, die ich nur noch als Schleier am Horizont in der Ferne erkennen kann. Und die Sonne, die an diesem Herbstmorgen schüchtern durch den Nebel scheint.

Pünktlich zur zweiten Hälfte meiner Wanderung auf dem Nibelungensteig zeigt sich der Odenwald buchstäblich in einem völlig neuen Licht. Für mich bedeutet das, dass ich die Wälder und Hügellandschaften in der Herbstsonne bestaunen darf. Und dass ich mir fürs Wandern und die Pausen gleichermaßen Zeit lassen kann.

Kurz hinter Bullau laufe ich vorbei an Apfelbäumen und quere weite Felder, die in der Morgensonne glitzern. Ich bin viel schneller unterwegs, als ich es eigentlich vorhabe – einfach weil die Wanderfreude so groß ist und meine Beine sich dadurch ganz leicht anfühlen. Der blaue Himmel verleiht mir eine neue Energie, trotzdem bleibe ich alle paar Hundert Meter stehen, um zu Staunen. Über die Farne, die mir bis zum Bauch reichen, die Vögel, die sich genauso wie ich über die Sonne zu freuen scheinen, und das Herbstlicht, das auf dem noch nassen Waldboden bricht.

Die ersten sieben Kilometer geht es gemächlich bergab bis zum Ort Schöllenbach mit einer alten Quell- und Wallfahrtskirche. Und dann liegen auch schon wieder die letzten Kilometer für diesen Tag vor mir, viel zu schnell. Auf ihnen wartet noch eine Besonderheit auf mich: Der Grenzpunkt, an dem die drei Bundesländer, durch die der Nibelungensteig führt, aufeinandertreffen: Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Markiert von einem Grenzstein – und von einem Baum, der ausgerechnet an diesem besonderen Ort mit drei Stämmen wächst. Kann das wirklich Zufall sein?!

In meinem Zielort Hesselbach befand sich einst ein (heute nicht mehr vorhandenes) römisches Kastell. Vom Ort aus kann man einen Abstecher zum Standort eines ehemaligen römischen Wachturms unternehmen.

Distanz:  ca. 15 Kilometer / 300 Höhenmeter
Etappe auf Komoot mit GPX: Nibelungensteig – Tag 4
Verpflegung: Keine Einkaufsmöglichkeit auf der Etappe.
Unterkunft: Pension am Limespfad
Besonderheiten unterwegs: schöner Picknickplatz neben der Quell- und Wallfahrtskirche Schöllenbach; Blick zurück auf Bullau kurz nach Etappenstart; Dreiländerstein (und Dreiländerbaum!)

Etappe 5: Von Hesselbach nach Amorbach

Am Morgen der fünften Etappe verabschiede ich mich schließlich von Hessen und erreiche durch ein kleines Gatter Bayern. Während es die Sonne endlich geschafft hat, die Pfützen der letzten Tage zu trocknen, hängt der Wald an diesem Tag mehr als zuvor zwischen Sommer und Herbst fest. Die Wege sind von Brombeersträuchern gesäumt, an denen immer noch Beeren über Beeren hängen, die nie richtig reif geworden sind. Und überall sprießen Pilze aus dem Boden, die mir teilweise bis zum Schienbein reichen.

Es ist auch auf dieser Etappe zwischen Hesselbach und Amorbach, dass ich das Gefühl habe, dichter Wald und weite Felder würden sich besonders oft abwechseln. Und nicht nur einmal finde ich eine Pausenbank, an der ich nicht vorbeilaufen kann. Genau das nämlich habe ich wegen des Regens auf den ersten Etappen viel zu oft gemacht: immer weitergehen, anstatt den Moment auf dem Steig eine Weile länger andauern zu lassen.

Als ich mich von einer neuen Pausenbank trennen konnte, laufe ich später im Wald an einem Stück Geschichte vorbei: an der Burgruine Wildenberg, die wegen ihrer Größe immer noch pompös aussieht, obwohl kaum eine Mauer mehr komplett in Takt ist.

Allzu viel Zeit kann ich mir hier aber nicht lassen – auf der anderen Seite des Tals schlängelt sich der Nibelungensteig nämlich wieder bergauf für den zweiten Teil dieser Etappe. Und dabei erlebe ich am Nachmittag das Déjà-vu des Vormittags: Durch dichte Wälder und freie Felder laufe ich auf die schmucken Fachwerkfassaden Amorbachs zu.

Distanz:  ca. 24 Kilometer / 600 Höhenmeter
Etappe auf Komoot mit GPX: Nibelungensteig – Tag 5
Verpflegung:  verschiedene Versorgungsmöglichkeiten in Amorbach
Unterkunft: Zur Schmelzpfanne
Besonderheiten unterwegs: Burgruine Wildenberg; die kleinen Gassen in der ehemaligen Barockstadt Amorbach

Etappe 6: Von Amorbach nach Freudenberg am Main

Zum großen Finale meiner Wanderung zeigte sich der Odenwald noch einmal von seiner allerschönsten Seite. Die letzte lange Etappe liegt vor mir. Trotz der Länge freue ich mich heute weniger über die Kilometer, die ich schon geschafft habe, sondern bin vielmehr bewusst langsam unterwegs.

Der Tag beginnt mit einem Aufstieg auf den Gotthardsberg. Leider ist der Gipfelbereich wegen Baumfällarbeiten abgesperrt, weshalb ich ohne Besichtigung der stattlichen Kirchenruine mit Aussichtsturm weiterwandern muss. Im schönsten Morgenlicht spuckt mich der Wald später in Miltenberg aus. Die Sonne steht noch nicht hoch genug am Himmel, um ihr Licht in die engen Gassen werfen zu können. Die Fachwerkhäuser, die sich hier bunt aneinanderreihen, strahlen aber trotzdem. Ich lege extra einen Umweg ein, weil ich gar nicht glauben kann, wie schön diese Altstadt ist.

Die nächsten Kilometer führen flach am Main entlang, bevor ich hinter Bürgstadt wieder in den Wald aufsteige. Der letzte Anstieg auf dem Nibelungensteig, und hier wartet eine ganz besondere Überraschung auf mich: Ich treffe auf Siegfried, den großen Helden der Nibelungensage. Aus Sandstein steht er hier am Wegesrand und kämpft gegen einen Drachen. Und auf den nächsten eineinhalb Kilometern kann man auch die anderen Protagonisten der Sage im Wald entdecken.

Immer wieder machen die Bäume Platz für weite Ausblicke in die hügelige Landschaft des Odenwalds. Ich blicke noch einmal zurück, bevor ich den Abstieg Richtung Freudenberg am Main beginne. Zurück auf den Odenwald kann ich von dieser Hangseite aus nämlich nicht mehr schauen – dafür breitet sich das Maintal vor mir aus.

Auf den letzten Kilometern lasse ich mir besonders viel Zeit, sauge die Sonne auf und lege eine letzte Rast an der Burgruine Freudenberg ein, von der aus man besten Blick auf die “Skyline” Freudenbergs hat. Am Rathaus der Stadt endet meine Wanderung auf dem Nibelungensteig.

Distanz:  ca. 25 Kilometer / 760 Höhenmeter
Etappe auf Komoot mit GPX: Nibelungensteig – Tag 6
Verpflegung: auf halber Strecke in Miltenberg gute Versorgungsmöglichkeiten, genauso wie im Zielort Freudenberg am Main
Unterkunft: Goldenes Fass 
Besonderheiten unterwegs: Gotthardsberg mit stattlicher Kirchenruine; Ausblick von der Centgrafenkapelle auf Miltenberg und Bürgstadt; Altstadt Miltenberg; Mainufer zwischen Miltenberg und Bürgstadt; Skulpturenpfad der Nibelungensage; Ringwallanlage; Burgruine Freudenberg (offizieller Endpunkt des Nibelungensteigs)

Der Nibelungensteig – allgemeine Infos

Der Nibelungensteig ist ein ausnahmslos gut erschlossener Weitwanderweg in schönster Waldkulisse, der doch sehr viel mehr kann als “nur” Wald. Und oftmals hatte ich das Gefühl, das alles für mich allein zu haben, denn andere Wanderer habe ich eher selten getroffen. Gleichzeitig ist der Steig eine sportliche Herausforderung – zumindest wenn man sich die Etappen entsprechend einteilen möchte. Deswegen ist die Route nicht zuletzt für solche Wanderer empfehlenswert, die sich etwas fordern und trotzdem die gute Infrastruktur und naturnahe Wegführung eines zertifizierten Wanderwegs genießen möchten .

An- und Abreise

Der offizielle Startpunkt des Nibelungensteigs in Zwingenberg an der Bergstraße sowie das Ziel in Freudenberg am Main sind gut an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Je nachdem, aus welcher Richtung du anreist, sind Mannheim, Frankfurt und Aschaffenburg wichtige Verkehrsknotenpunkte – auch für den Fernverkehr auf Schienen. Von dort aus fahren nach Zwingenberg und Freudenberg regelmäßig Regionalzüge. Die Orte entlang des Nibelungensteigs sind ebenso immer wieder Mal entweder an das Schienennetz angebunden oder werden von Regionalbussen angefahren. Die nächste Haltestelle ist praktischerweise oft mit Kilometerangaben auf den Wegweisern markiert.

Route und Navigation

Der Nibelungensteig hat bereits 2013 zum ersten Mal die Auszeichnung zum „Qualitätsweg“ erhalten. Das bedeutet unter anderem, dass die Wegemarkierung besonders gut umgesetzt sein muss. Auf dem Nibelungensteig vergehen keine 200 Meter, auf denen ich kein rotes „N“ gesehen habe. An jeder Gabelung gibt es Markierungen oder sogar Wegweiser mit Kilometerangaben zu den nächsten wichtigen Streckenpunkten.

Gibt es aktuelle Umleitungen oder Änderungen, sind die sehr zuverlässig hier auf der Webseite des Steigs aufgeführt.

Zur Sicherheit kannst du dir die Route per Komoot-App auch auf deinem Smartphone herunterladen und dort sogar offline nutzen. Meine 6-tägige Route gibt’s findest du dort als Nibelungensteig-Collection zum Abspeichern und Nachwandern. Die Original-Route gibt’s hier.

Schwierigkeit

Der Nibelungensteig führt über völlig unschwierige Fahrwege sowie Wald- und Wiesenpfade. Besondere Trittsicherheit ist hier nicht gefragt, wegen der Höhenmeter aber definitiv aber eine gewisse Ausdauer. Die Infrastruktur entlang des Nibelungensteigs würde es allerdings auch möglich machen, die einzelnen Etappen auf ein paar mehr Tage aufzuteilen.

Übernachten

Auf der Webseite des Nibelungensteigs gibt es eine praktische Übersicht aller Unterkünfte, die entlang des Steigs zu finden sind. Beachten sollte man, dass die Auswahl an manchen Etappenzielen sehr beschränkt ist. Vor allen in der Hauptsaison ist es deswegen empfehlenswert, die Reise rechtzeitig zu planen und zu buchen.

Es gibt auch einige Campingplätze, die direkt bzw. ausreichend nah am Steig liegen, sodass der Nibelungensteig theoretisch auch komplett mit Zelt begangen werden kann. Campingmöglichkeiten finden sich (unter anderem) in Schlierbach (= Ende Etappe 1), in Hammelbach (nahe Grasellenbach = Ende Etappe 2), in Bullau (= Ende Etappe 3), nahe Ottorfszell (einige Kilometer hinter Hesselbach / Ende Etappe 4), in Amorbach (Ende Etappe 5), in Miltenbach (Ende Etappe 6) sowie am östlichen Ende des Steigs in Freudenberg.

Für die genauere Planung gibt es eine Übersichtskarte, in der alle Campingplätze entlang des Nibelungensteigs aufgelistet sind.

Verpflegung

An den jeweiligen Etappenzielen gibt es zwar dank der Unterkünfte immer eine gastronomische Versorgung (wobei hier ggf. Ruhetage zu beachten sind), aber nicht immer eine Einkaufsmöglichkeit wie Supermarkt oder Bäcker (siehe Hinweise bei den jeweiligen Etappenbeschreibungen). In diesen Fällen habe ich mit der Unterkunft abgesprochen, dass ich mir beim Frühstück eine Brotzeit für unterwegs einpacken darf. Da viele Unterkünfte entlang des Steigs auf Wanderer eingestellt sind, dürfte das grundsätzlich kein Problem sein. Dennoch schadet es natürlich nie, den ein oder anderen Notfallriegel im Rucksack dabei zu haben.

Variante

Wer vom Wandern auf dem Nibelungensteig noch nicht genug hat, kann ihn sogar noch ein wenig verlängern: zwischen der zweiten und dritten Etappe gibt es eine Extrarunde, die auf rund 35 Kilometern zur ehemaligen Gräflichen Residenzstadt Erbach führt. Von dort geht es über das Dreiseetal zurück zum Hauptweg bei Erbach-Bullau.

Mehr Infos zum Nibelungensteig

… gibt’s auf der offiziellen Webseite sowie auf Instagram und Facebook. Außerdem ist ein Wanderführer zum Nibelungensteig (Werbelink) erhältlich.

“Wandern hoch 4” im Odenwald

Der Nibelungensteig ist längst nicht der einzige Weitwanderweg in der Region Bergstraße-Odenwald! Und auch nicht der einzige, der das Prädikat Qualitätswanderweg des Deutschen Wanderverbands trägt. Mit dem Alemannenweg, dem Burgensteig und dem Neckarsteig haben Wanderer noch drei weitere Routen zur Auswahl:

  • Der Alemannenweg (144 Kilometer, 4.300 Höhenmeter) ist ein Rundwanderweg, bietet tolle Ausblicke über die abwechslungsreiche Landschaft der Region Odenwald-Bergstraße und führt zu zahlreichen Sehenswürdigkeiten.
  • Der Burgensteig Bergstraße (114 Kilometer, 4.500 Höhenmeter) verläuft entlang der Bergstraße von Darmstadt nach Heidelberg. Hier trifft man nicht nur auf zahlreiche Burgen, sondern auch auf traumhafte Aussichten über die Rheinebene.
  • Der Neckarsteig (126 Kilometer, 3.700 Höhenmeter) folgt, wie der Name schon verrät, dem Flusslauf des Neckars, und zwar von Heidelberg bis Bad Wimpfen. Vorbei an Felsenlandschaften mit alten Burgen, durch weite Wälder und Wiesenlandschaften.

Über die Gastautorin

Kurz nach ihrem 18. Geburtstag hat die Autorin und Abenteurerin Franziska Consolati irgendwo in den Sanddünen der Sahara  ihr Herz ans Nirgendwo verloren. Seitdem bereist sie die Welt auf der Suche nach authentischen Begegnungen und berührenden Naturerlebnissen. Auf ihrem Blog Ins Nirgendwo, bitte!, in Büchern und Magazinen berichtet sie von ihren Entdeckungsreisen in der weiten Welt genauso wie vor der Haustür. Von letzterem gibt’s übrigens gleich zwei in ihrem Leben: Eine davon befindet sich im bayerischen Rosenheim, die andere gut versteckt in den weiten Wäldern Südschwedens.


Warst du auch schon mal auf dem Nibelungensteig unterwegs oder hast noch weitere Wandertipps für die Odenwald-Region? Wir freuen uns auf deinen Kommentar!

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