Zuletzt aktualisiert am 27. November 2025
Der Name dieser Wanderroute in Hessen kommt nicht von ungefähr: Der Nationalpark Kellerwald-Edersee schützt einen der letzten großen Buchenwälder Mitteleuropas sowie einen Bestand an knorrigen, teils über tausend Jahre alten Eichen. Und inmitten der bewaldeten, mitunter steilen und mal von Felsen, mal von Quellen und Bächen durchzogenen Hänge windet sich wie ein blauer Fjord der 27 Kilometer lange Edersee. Die herrlichen Blicke über einen der größten Stauseen Europas, aber natürlich auch das Wandern inmitten der uralten Bäume und naturbelassenen Wälder machen den rund 66 Kilometer langen Urwaldsteig zu einer äußerst lohnenswerten und durchaus einzigartigen Mehrtagestour. Zumal auch der Weg selbst seinem Namen gerecht wird: führt er doch in großem Maße über kleine Pfade und naturnahe Wege und im wahrsten Sinne des Wortes über „Stock und Stein“.
In diesem Blogartikel gibt’s den Wanderbericht zu meiner dreitägigen Mehrtageswanderung auf dem Urwaldsteig sowie viele Tipps für die Wanderplanung.


Deutschlands letzte Urwälder: Der Nationalpark Kellerwald-Edersee
Natürliche Wälder, viel mehr noch echte Urwälder, gibt es in Deutschland kaum noch. Aber es gibt sie, zumindest in halbwegs Urwald-artiger Form. Im Jahr 2011 wurden sechs Buchenwald-Gebiete in Deutschland zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt. Ihre Überbleibsel in insgesamt achtzehn europäischen Staaten stehen heute unter dem gar nicht mal so kurzen Namen Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas unter besonderem Schutz. In Deutschland gibt es sechs solcher Gebiete, auch wenn die im Vergleich zu den ausgedehnten Wäldern der Karpaten weitaus weniger naturbelassen und unberührt sind. Aber immerhin: Sie sind die wertvollsten verbliebenen Reste großflächiger naturbelassener Buchenbestände in Deutschland und umfassen ausgewählte Waldgebiete im Nationalpark Hainich in Thüringen, Jasmund und Müritz in Mecklenburg-Vorpommern, im Waldgebiet Grumsin in der Brandenburger Schorfheide sowie eben in Teilen des Nationalparks Kellerwald-Edersee in Hessen.



Urwaldsteig Edersee in 3 Etappen
In drei Tagen hat mich der Urwaldsteig rund um den Edersee und somit (unter anderem) durch den Nationakpark Kellerwald-Edersee geführt. Mitten durch die Art von Waldwildnis also, die große Flächen Europas einst waren. Ich habe den 66 km langen Rundwanderweg auf drei Etappen aufgeteilt und bin mit dem Zug an- und wieder abgereist.
Etappe 1: Herzhausen – Scheid
Kilometer / Höhenmeter: 19,8 km / 500 hm
Übernachtung: z.B. Gästehaus / Campingplatz zur Fähre
Der Bahnhof in Herzhausen befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Mündung der Eder in den Edersee. Schnell lasse ich den kleinen Ort hinter mir und wandere immer nah am Nordufer des Sees entlang in Richtung Osten. Auf größtenteils einfachen Waldwegen wandere ich der Uferlinie etwas oberhalb des Sees folgend bis an den kleinen Ort Asel heran. Und dann beginnt an der anderen Seite der kleinen Bucht auch schon einer der Höhepunkte des Urwaldsteigs: Der Knorreichenstieg windet sich auf den folgenden Kilometern durch eine faszinierende Landschaft aus felsdurchsetzten Steilhängen und gekrümmten Eichen, die den schwierigen Lebensbedingungen an diesen Hängen teils schon über 1.000 Jahre lang trotzen.
Und nur kurz nach Start auf dem Knorreichenstieg habe ich vom Aussichtspunkt am Katzenberg auch noch einen ganz besonders tollen Blick auf den hier fast schon fjordartig anmutenden Edersee und den Fähranleger von Asel am gegenüberliegenden Ufer. Ich beginne die Umrundung der spitz zulaufende Halbinsel Lindenberg samt Naturschutzgebiet Hünselburg – benannt nach einer keltischen Fliehburg, von der nur noch Überreste zu sehen sind. Die urigen Pfade entlang steiler Hänge auf diesem Abschnitt sind wirklich grandios. Noch ein letzter, längerer Anstieg wartet auf mich, bevor der Pfad auf einen asphaltierten Weg trifft. Zum Glück dauert es nicht lange, bis dieser wieder zu Waldboden wird, auf dem ich die letzten Kilometer bis zum Etappenziel Scheid zurücklege.





Etappe 2: Scheid – Hemfurth Edersee
Kilometer / Höhenmeter: 20,2 km / 620 hm
Übernachtung: z.B. Terrassenhotel Edertal
Von Scheid aus beginne ich den zweiten Wandertag mit seichtem Auf und Ab auf entspannten Waldwegen. Vom Europahain mit Schutzhütte aus habe ich schon nach kurzer Zeit einen tollen Blick auf den Edersee bis hinüber zur Burg Waldeck. Nach gut fünf Kilometern erreiche ich ein zwischen Edersee und Vorstaubecken gelegenes Halbinselchen mit Imbiss und überquere die kleine Staumauer. Bei dem aus dem Staubecken ragenden Kirchturm handelt es sich übrigens nicht um die tatsächlich im Jahr 1912 überflutete Kirche von Nieder-Werbe, sondern um einen nachgebauten Kirchturm in Erinnerung an das Dorf.
Waldwege führen mich nun bergan bis zur Horst-Hühn-Hütte, einer rustikalen Rastmöglichkeit. Etwas später erreiche ich eine Landspitze mit bester Sicht auf See und die Halbinsel Scheid, meinem Startpunkt. Zunächst relativ flach geht es weiter durch das Waldgebiet. Ich quere das Bärental samt Bach und wandere auf dem Jägerstieg ein kurzes Stück steil bergauf, dann urwüchsig weiter bis zur Talstation der Seilbahn. Wer möchte, darf natürlich einsteigen und das Stück hinauf nach Waldeck deutlich einfacher gestalten. Aber auch auf dem Urwaldsteig ist es nicht weit bis dorthin.
Das Schloss selbst und der Aussichtspunkt Elsterberg liegen nicht direkt auf der Route, sind einen kurzen Abstecher aber auf jeden Fall wert. Und auch zum Waldecker Marktplatz sind es nur wenige Gehminuten Umweg. Wer lieber in der Natur rastet, sollte sich seine Brotzeit einpacken und ein Stückchen weiterwandern. Auf dem folgenden Abschnitt finden sich nämlich einige hervorragende Aussichtspunkte wie Hermannshöhe, Hexenkopf und Kanzel. Am Uhrenkopf vorbei erreiche ich zuletzt den Aussichtspunkt „Auf den Klippen“, von dem aus man die stattliche Edertalsperre betrachten kann. Ein Stück geht es noch am Hang entlang und dann hinab bis nach Hemfurth.





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Etappe 3: Hemfurth-Edersee Herzhausen
Kilometer / Höhenmeter: 25,9 km / 760 hm
Übernachtung: z.B. Camping Teichmann (mit Mitunterkünften)
Ab der Ortsmitte von Hemfurth folgde ich ein Stück dem Wanderweg H4, der mich bald wieder mit dem Urwaldsteig vereint. Ein kurzer, aber knackiger Anstieg bringt mich weiter hoch in den Wald, bevor ich auf seichteren Wegen die Flanken des gut 500 m hohen Peterskopfs umrunde. Nahe des Gipfels befindet sich das Oberbecken des Pumpspeicherkraftwerks Waldeck, auf einem kurzen Abstecher kann man das Becken und die Aussicht vom Gipfelbereich genauer inspizieren. Sonst verläuft unsere Route etwas unterhalb des Beckens entlang und weiter bis zum Sauermilchplatz mit Schutzhütte und Gedenkstein für einen Förster.
Ein schmaler Pfad führt mich halb um den Daudenberg, dann um den Blißenberg herum, und einmal mehr durch die Art von Landschaft, die dieses Gebiet so besonders macht: alter Wald, steile Hänge, mitunter felsiges Gelände – für mich könnte es einfach ewig so weitergehen, so schön ist das. Am Fuße des Bloßenbergs erreiche ich wieder das Ufer des Edersees, überquere auf einer Steinbrücke einen Seitenarm des Sees und steige bald wieder auf. Auf den folgenden Kilometern passiere ich immer wieder Quellen und kleine Bäche – ein Paradies für Feuersalamander und andere bedrohte Arten. Und die alten Buchenwälder hier sind definitiv ein Paradies für Wanderer.
Über einen Schotterweg geht’s zum Hagenstein, 374 m mit schönem Blick auf die Eder und ihr Tal. Anschließend geht es hinab nach Kirchlotheim und von dort ein kurzes Stück weiter bis zum Nationalparkzentrum Kellerwald. Hier kann man unter anderem eine sehenswerte Ausstellung rund um die Wildnis des Kellerwaldes und die Hintergründe des Nationalparks besuchen. Die perfekte Möglichkeit, das Gesehene und Erlebte der letzten Tage nochmal Revue passieren zu lassen und einzuordnen. Nach den finalen eineinhalb Kilometern habe ich den Bahnhof von Herzhausen und somit meinen Ausgangspunkt wieder erreicht. Noch ein schneller Sprint zum örtlichen Bäcker, bevor ich mit frischem Kaffee ausgerüstet wieder in den Zug steige.




Tipps fürs Wandern auf dem urwaldsteig
Der Urwaldsteig ist eine sehr empfehlenswerte kleine Mehrtageswanderroute, die durch eine ganz besondere Landschaft führt. Mir haben die drei Wandertage wirklich überaus gut gefallen und ich könnte mir sogar vorstellen, den Weg irgendwann nochmal im Frühling oder Sommer zu wandern. Falls du nun auch Lust auf eine Wanderrunde um den Edersee bekommen hast, folgen hier noch ein paar Tipps für deine Wanderplanung rund um den Urwaldsteig.
An- und Abreise
Der Nationalparkbahnhof Vöhl-Herzhausen liegt auf der Linie RB/RE 97, Marburg – Brilon und direkt an der Wanderroute. Parkmöglichkeiten gibt es ebenfalls in der Nähe des Bahnhofs. Auch ein Start ab Waldeck ist möglich.
Anforderungen
Der Urwaldsteig führt oft über schmale, manchmal auch etwas steilere und bei Nässe mitunter rutschige Pfade – nicht wirklich schwierig, aber etwas Trittsicherheit und Kondition sollte man mitbringen, genauso wie Wanderstöcke und Schuhe mit gutem Profil. Die Route ist durchgehend und in beide Gehrichtungen mit weißem „UE“ auf blauem Grund markiert. Darüber hinaus finden sich auch viele Wanderwegweiser mit Entfernungsangaben.
Urwaldsteig mit Hund
Auch mit Hund ist der Urwaldsteig eine schöne Tour, zumal es auf der Rundtour relativ viel Wasser und Schatten gibt. Im Nationalpark besteht allerdings strikte Leinenpflicht, die unbedingt beachtet werden sollte. Es handelt sich bei der Region um einen ganz besonderen und auch besonders schützenswerten Naturraum. Viele Menschen unterschätzen leider den negativen EInfluss, den ein frei herumlaufender Hund auf Natur und Tierwelt haben kann – selbst wenn er nicht aktiv jagt.
Etappenplanung
Grundsätzlich kann man die hier vorgestellten Etappen auch jeweils nochmal unterteilen und den Urwaldsteig so in bis zu sechs (dann recht kurzen) Etappen wandern. Die Infrastruktur entlang des Urwaldsteigs ist meist eingeschränkt und erfordert etwas vorausschauende Planung. Busse und Schiffe können zur flexibleren Planung genutzt werden, der Betrieb ist aber von der Jahreszeit und vom Wasserstand abhängig. Wer noch weiterwandern möchte, findet mit dem rund 160 km langen Kellerwaldsteig eine ideale Ergänzung.
Unterkünfte und Zelt
Es gibt insgesamt ausreichend Übernachtungsmöglichkeiten direkt am bzw. in angemessener Entfernung zum Urwaldsteig. Die Verfügbarkeit kann aber je nach Etappeneinteilung und Jahreszeit eingeschränkt sein. Auch eine Wanderung mit Zelt ist möglich – gibt relativ viele Campingplätze rund um den Edersee. Auf manchen davon kann man auch mit kleinem Zelt sehr schön übernachten, andere sind eher auf motorisierte Camper ausgelegt.
Beste Jahreszeit
Der Urwaldsteig eignet sich besonders für den Zeitraum von Frühling bis Herbst. Aufgrund der oftmals sehr naturnahen Wegführung über manchmal steilere und bei Nässe rutschige Wege ist der Urwaldsteig bei winterlichen Bedingungen zwar auch machbar, aber insgesamt eher nicht empfehlenswert.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zum Urwaldsteig gibt es zum Beispiel auf der Webseite des Naturparks Kellerwald Edersee. Auch ein Wanderführer zum Urwaldsteig (Werbelink) ist vom Conrad Stein Verlag erhältlich, der neben dem Urwaldsteig auch den kompletten Kellerwaldsteig abdeckt.



Warst du schon mal auf dem Urwaldsteig unterwegs und magst deine Erfahrungen teilen? Oder hast du noch Fragen zur Tour? Hinterlass gern einen Kommentar unter diesem Artikel.
