Egal ob England, Südafrika oder Neuseeland – der drohende Linksverkehr schwebt bei vielen Reisenden wie ein Damoklesschwert über der Urlaubsplanung. Bei mir war es vor meiner Schottland-Reise nicht anders. Das erste Mal alleine reisen, das erste Mal ein Mietauto nehmen und dann auch noch zum ersten Mal Linksverkehr. Mit der richtigen Planung und Vorbereitung habe ich es aber geschafft, dass der Start in die verkehrte Welt letztendlich halb so wild war – und innerhalb kürzester Zeit habe ich gar nicht mehr darüber nachgedacht, dass man auch auf der rechten Seite fahren könnte. Hier kommen meine Tipps für die erste Fahrt im Linksverkehr:

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1. Trockenübungen wirken Wunder

Beginne einige Zeit vor Deiner Abreise damit, Dir immer wieder Verkehrssituationen im Linksverkehr vorzustellen – und wie Du Dich zu verhalten hast. Entweder Du machst die Trockenübungen einfach Zuhause auf der Couch oder noch besser während Du Auto fährst. Oder schnapp Dir ein paar Spielzeugautos (oder irgendwas anderes) uns spiel mit ein paar Freunden “Linskverkehr” zu Hause auf dem Fußboden. :D Besonders Kreisverkehr und Abbiegevorgänge können verzwickt sein – hier hat es mir sehr geholfen, vorher solche Situationen zu visualisieren und mir immer wieder vorzustellen, wie ich mich verhalten muss.

2. Je kleiner das Auto, desto besser

Wir als Rechtsfahrer neigen dazu, im Linksverkehr zu weit links zu fahren. Es braucht etwas Zeit, sich daran zu gewöhnen, dass links plötzlich mehr vom Auto ist als rechts. Wenn einem dann noch auf einer engen Straße ein LKW oder ähnliches entgegenkommt, hängt man schnell links an der Mauer oder im Gebüsch. Um es Dir so einfach wie möglich zu machen, solltest Du Dir für den Anfang ein möglichst kleines Auto und nicht gleich den dicken SUV bestellen. Das gilt vor allem auch für Länder wie Irland oder Großbritannien, in denen es viele kleine, verwinkelte Sträßchen gibt.

3. Übe das Einparken auf der linken Seite

Das Parken kannst Du wunderbar im Vorhinein im Rechtsverkehr üben – such Dir einfach eine Einbahnstraße und park ein paar mal auf der linken Seite ein. Später wirst Du dann zwar auf der rechten Seite sitzen, aber das macht für das Parken an sich nicht viel Unterschied. Und Du wirst sehen – am Anfang tut man sich etwas schwer damit, aber nach ein paar Mal Einparken klappt es schon viel besser.

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4. Wähle den richtigen Ort für die Abholung

Wenn irgendwie möglich, solltest Du große Flughäfen und Mietwagenstationen in der Innenstadt vermeiden, um Dir unnötigen Stress zu ersparen. Als ich damals meinen ersten Roadtrip im Linksverkehr geplant habe, bin ich extra nicht wie ursprünglich geplant nach Edinburgh geflogen, sondern nach Aberdeen, einem deutlich kleineren Flughafen, von dem aus ich auf eine ruhige Landstraße steuern und mich langsam an das Fahrgefühl gewöhnen konnte. Ich war dadurch deutlich entspannter und das war mir sogar 80 Euro Aufpreis für den Flug wert. Oft haben Mietwagenstationen an kleineren Flughäfen auch den Vorteil, dass es etwas entspannter zugeht und Du vielleicht sogar erstmal in Ruhe eine Runde auf dem Parkplatz drehen kannst, bevor Du auf die Straße lenkst.

5. Automatikgetriebe macht die Sache einfacher

Ich war damals wirklich erstaunt, wie wenig mit das Schalten mit Links ausgemacht hat. Dennoch macht ein Automatikgetriebe die Sache natürlich einfacher, da Du Dich besser auf den Verkehr konzentrieren kannst. Aber Achtung: Ich würde mich nur für Automatik entscheiden, wenn Du schon ein wenig daran gewöhnt bist. Ansonsten kann es nämlich schnell mal passieren, dass Du bei einer plötzlichen Bremsung mit dem linken Fuß (auf der Suche nach der nicht vorhandenen Kupplung) auf die Bremse steigst und eine ungewollte Vollbremsung einlegst. Da Du am Anfang im Linksverkehr sowieso sehr angespannt sein wirst, steigt die Gefahr solcher ungewollter Zwischenfälle. Du musst Dich ja sowieso schon auf so viel neues konzentrieren. Autos mit Automatikgetriebe sind übrigens in der Regel ein bisschen teurer als solche mit Handschaltung (außer sie sind Standard so wie z.B. in den USA).

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6. Nimm Dir für die erste Etappe nicht zu viel vor

Zum ersten Mal Linksverkehr: Das ist für den Kopf (und Körper) ziemlich anstrengend, was wiederum vor allem nach einer längeren Anreise ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko darstellt. Nimm Dir für Deine erste Etappe also nicht zu viel vor und such Dir für die erste Nacht eine Unterkunft, die nicht allzu weit vom Startpunkt entfernt ist. Bei mir damals hatte ich eine zweistündige Fahrt bis zu meinem ersten Hostel vor mir. Das empfand ich als genau richtig – lang genug, um mich ein bisschen an den Linksverkehr zu gewöhnen, aber nicht zu erschöpfend.

Auf jeden Fall würde ich Dir auch raten, zumindest für die erste Nacht Deine Unterkunft schon im Vorhinein zu buchen und Dir den Weg dorthin schon mal genauer anzusehen. Und wieder gilt natürlich: Du solltest Dir Deine erste Unterkunft nicht gerade irgendwo mitten in der Innenstadt buchen, wenn Du Dir die Sache so einfach wie möglich machen möchtest.

7. Mach Dich mit dem Fahrzeug vertraut

Bevor Du startest, solltest Du Dich ein bisschen mit dem Mietauto anfreunden. Schalte die Gänge im Stand durch, probier die wichtigsten Schalter und Hebel wie Blinker, Scheibenwischer oder Fernlicht aus, öffne die Fenster, mach die Warnblinkanlage an usw. Und natürlich ganz wichtig: Stell den Sitz und die Spiegel perfekt auf Dich ein. Allein das Gefühl, dass Dir das Fahrzeug vertraut ist, wird Dir schon ein bisschen mehr Sicherheit geben. Nimm Dir also unbedingt ein bisschen Zeit dafür.

 8. Lass Dich bloß nicht stressen

Tief durchatmen und locker bleiben sind die vielleicht wichtigsten Tipps für Deine ersten Fahrversuche im Linksverkehr. Lass Dich bloß nicht stressen – weder von Deiner eigenen Anspannung noch von anderen Autofahrern. Wichtig ist, dass Du vorsichtig und bedacht fährst und ruhig bleibst. Und wenn du eine Minute am Kreisverkehr stehst und überlegt, von wo jetzt nochmal die anderen Autos kommen – letztendlich ist das ganz egal! Zum Glück sind die Menschen in vielen der klassischen Reiseländer mit Linksverkehr auch viel entspannter und freundlicher, wenn Sie am Steuer sitzen, als wir es vielleicht aus Deutschland gewohnt sind. Ich wurde in Schottland in den ersten Tagen nicht ein einziges Mal angehupt oder sonstwie “genötigt” – obwohl ich gerade am Anfang natürlich langsamer unterwegs war als alle anderen und auch den Motor das ein oder andere Mal abgewürgt habe. Die Schotten haben einfach geduldig und mit dem nötigen Abstand (!) gewartet, bis sich eine Möglichkeit zum Überholen ergab.

Und Du wirst sehen: Schon am zweiten Tag fällt Dir das Fahren viel leichter und spätestens am dritten oder vierten Tag denkst Du kaum noch darüber nach. Ich bin nach zwei Wochen Schottland wie ein alter Hase über die Singletrack-Roads in den Highlands oder durch die belebte Innenstadt von Aberdeen gedüst. Parkhäuser, Überholen, mehrspuriger Stadtverkehr – alles kein Problem. Und ich bin mir sicher, dass es bei Dir ganz genauso sein wird. Gute Fahrt!

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Hast Du Deine erste Fahrt im Linksverkehr schon hinter Dir? Wie war’s? Was hat Dir bei der Vorbereitung oder während der ersten Fahrt geholfen?

15 Comments

  1. Mit hat bei meiner ersten Fahrt ein Beifahrer sehr geholfen, der mir das Suchen des Weges abgenommen hat. Ich empfehle von daher die Nutzung eines Navis, besonders wenn man allein fährt. An die “falsche” Sitzposition beim rückwärts einparken konnte ich mich allerdings nie wirklich gewöhnen.
    Ich unterstütze auch die Wahl des kleinen Flughafens, wobei Flughäfen fast immer außerhalb liegen, und die sofortige Fahrt durch kleinere Orte, bevor man die große Stadt wählt. Auch ein Kleinwagen ist eine gute Wahl, allerdings hatte ich beim letzten Mal tatsächlich einen SUV dabei, in dem ich mich auch auf den kleinen Straßen viel sicherer gefühlt habe. Es war mein eigener :), da wir mit der Fähre angereist sind. Mir hat der bekannte Wagen viel Sicherheit gegeben, gerade bei Gegenverkehr.

    • Fräulein Draußen Reply

      Ohja, einen Beifahrer hatte ich mir damals am Anfang auch sehnsüchtig herbeigewünscht. Einen, der rechtzeitig “Stoooop” ruft, wenn man auf die falsche Straßenseite abbiegen will :)

  2. Hey :)
    Ich hab mich vor dem ersten Mal Linksverkehr in Australien auch ein bisschen stressen lassen. Aber innerhalb weniger Tage konnte ich es mir kaum anders vorstellen. Was die Sache bei der Rückkehr in die Heimat bedeutend gefährlicher macht :D
    Liebe Grüße!

    • Fräulein Draußen Reply

      Ja, das kenn ich! Ich musste auch ein halbes Jahr danach noch manchmal überlegen, ob ich jetzt rechts oder links fahren muss beim Abbiegen. Scheint sich mehr ins Hirn zu brennen, weil man so bewusst fährt und drüber nachdenkt.. Bisher ging aber noch alles gut, sowohl links als auch rechts ;-)

  3. Pingback: Links fahren für Anfänger – So verlierst du nicht die Nerven | Britlog

    • Fräulein Draußen Reply

      Toll! Ein Blog über die britischen Inseln!! :) Danke für den Link. Ich hatte bisher zum Glück immer Rechtslenker – vor allem, wenn man alleine unterwegs ist, stelle ich mir das Überholen mit einem kontinentalen Auto nicht sehr lustig vor..

      Viele Grüße
      Kathrin

      • Ist es auch nicht. Überholen ist praktisch unmöglich, selbst auf der Autobahn wo man sehr vorausschauend fahren kann. Aber das ist nicht so schlimm. Im Urlaub bin ich ohnehin ein Vertreter der gemütlichen Fahrt.

        Ich habe einmal von Graz aus mit dem Auto Mittel- und Südengland bereist. Ein Abenteuer, das ich nicht missen will.

  4. Bei deinem Tipp #1 musste ich schon sehr schmunzeln … Trockenübungen!

    Aber du hast recht. So kann man sich die Situationen etwas visualisieren und hat es in der Realität vielleicht dann nicht ganz so schwer.

    Grüße, Torsten

  5. Pingback: Camping Roadtrip Neuseeland: Die besten Tipps!a daily travel mate

  6. Hey,

    ich DANKE dir für diesen Post. Aktuell plane ich einen Trip durch Irland und den meisten Respekt habe ich wohl vor dem Linksverkehr. Heute habe ich dann nach Tipps & Tricks gesucht, wie man diesen bewältigen kann.. ein Artikel hatte in der Kernaussage: DU WIRST STERBEN, WENN DU ES NICHT PERFEKT BEHERRSCHT

    .. und dann kam deiner <3 bei den Trockenübungen musste ich kurz lachen, weil ich mir (bereits gestern schon) wirklich Kreisel etc beim Abbiegen andersrum vorstelle und die Sache – im Kopf – durchspiele.

    Nächster Schmunzelpunkt: Nimm' dir für die erste Etappe nicht zu viel vor. Mein Kopf so: okay cool – von Dublin in Richtung Galway Und du dann so: 2 Stunden empfand ich als vollkommen angemessen.

    Ja, puh. Glück gehabt :D Meine Strecke dauert etwa 3.5 Std (lt Navi) und es geht eine lange Zeit auch nur gerade aus. Das sollte dann ja vielleicht ganz gut klappen.

    'ne Beifahrerin werde ich auch haben.

    Du hast mir damit ein bisschen die "Angst" genommen – der Respekt gegenüber der Fahrerei bleibt trotzdem

    Viele Grüsse
    Kathrin

  7. .. und JETZT sehe ich erst, dass du ja auch Kathrin (sogar mit th!) heißt :D

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