Saaremaa (oder eingedeutscht Ösel) ist die größte Insel Estlands und die viertgrößte Ostseeinsel. Saaremaa hat 31.756 Einwohner und… Scherz. Hier geht’s zum Wikipedia-Eintrag. Denn ich möchte Euch etwas viel wichtigeres über Saaremaa erzählen, und das werdet Ihr garantiert in keinem Wikipedia-Artikel lesen können.

Wenn ich an Saaremaa zurückdenke, dann denke ich vor allem an bunte Herbstblätter, Saaremaa Vodka, eine kleine Blockhütte am Strand, Jenga, Bratkartoffeln, menschenleere Straßen, viel Meer, den John Bulls Pub in Kuressare und an die unspektakulärsten “Steilklippen”, die ich je gesehen habe (und an Hirschlausfliegen, aber das ist eine andere Geschichte). Und an diese eine kleine Wanderung. Weil die Sonne so schön geschienen hat. Und weil da dieser alte Leuchtturm stand. Und weil man zwischen einem See und dem offenen Meer laufen konnte. Und weil es auf einmal aussah wie in der afrikanischen Savanne. Und wegen diesen Schwänen. Ooooh, diese Schwäne.

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Zu Anfang sieht der Harilaiu Hiking Trail tatsächlich gar nicht so einladend aus, führt einfach nur über eine freie, karge Fläche und irgendwann in ein wenig spektakuläres Wäldchen hinein. Aber der erste Eindruck trügt. 

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Der Wald endet und man gelangt an einen sehr, sehr schönen und idyllischen See, der gar schwedisch anmutet, und bald darauf öffnet sich rechterhand der Blick auf einen weißen Sandstrand und das offene Meer. Links See, rechts Meer. Links See, rechts Meer. Woah.

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Wenn dann noch, wie in meinem Fall, zwei turtelnde Schwäne auf dem See herumschwimmen, ist das Wandererglück nahezu perfekt (dachte ich). Und während man so ganz beglückt weiterwandert, tut sich in der Ferne schon das nächste Highlight vor einem auf. Ein Leuchtturm. Ein alter, windiger Leuchtturm. Jawohl. Und der ist an sich gar nicht so besonders, aber wenn man den Leuchtturm so ganz für sich alleine hat, dann ist der irgendwie schon ein bisschen besonders und man setzt sich in den warmen Sand und stellt sich vor, was dieser Leuchtturm wohl alles schon gesehen hat. Und plötzlich tauchen dann da hinter dem Leuchtturm im Meer zwei turtelnde Schwäne auf. (Ohne Witz) Und man denkt sich, “Ja, hm, toll, schon wieder Schwäne. Nagut. Wie auch immer.”

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Ab dem Leuchtturm geht immer weiter mit Meerblick an schönen kleinen Dünen entlang rund um die Halbinsel. Stets begleitet von zahlreichen Libellen und Wasservögeln. Und von Schwänen – denn egal, wann man auf’s Meer schaut – irgendwo ist immer ein Schwan. Und man denkt sich dann schon langsam, dass diese Schwäne einem noch gewaltig auf die Nerven gehen werden. Wie die da so rumschwimmen, und irgendwie gar nicht dorthin gehören, weil Schwäne doch eigentlich nur in schlimmen Dingen, wie künstlich angelegten Teichen in Schlossparks, schwimmen oder aus Marzipan geformt auf Hochzeitstorten stehen. Nein – in den hintersten Winkel von Saaremaa, da gehören nun wirklich keine Schwäne hin.

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Und überhaupt – gibt es in Afrika eigentlich Schwäne? Nicht, dass ich in Afrika wäre. Aber mit dem ganzen trockenen, hohen Gras und den kleinen grünen Bäumchen sieht es schon ziemlich verdächtig nach Afrika aus. Wenn man jetzt also ganz fest daran denken würde, das man in Afrika ist, und nicht in Estland, weil man den Schwänen irgendwie eine Chance geben wollen würde… nein, das funktioniert nicht. Bei Afrika denkt man nun wirklich an alles außer Schwäne. Ich habe gerade mal kurz im Internet gesucht, ob es Schwäne in Afrika überhaupt gibt. Ich bin aber nicht wirklich klüger als vorher. Das ist gar nicht so einfach herauszufinden, Vermutlich ist selbst das Internet schon genervt von Schwänen.

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Und irgendwann hat man so viele Schwäne gesehen, dass man beginnt zu akzeptieren, dass Schwäne scheinbar zu Saaremaa, oder zumindest zum Vilsandi Nationalpark, dazugehören. Und dass Schwäne nicht zwangsweise bedeuten, dass gleich hinter der nächsten Ecke ein voller Reisebus auf Kaffeefahrt lauert. Und die Wanderung war ja auch trotz der Schwäne sehr schön und äußerst empfehlenswert. Und letztendlich gelangt man bestens gelaunt wieder ans Auto, beflügelt von der schönen Wanderung und ein bisschen froh, dass man die Schwäne nun wieder los ist. Und man fährt zurück zu seinem kleinen Blockhaus am Meer und setzt sich mit einem Gläschen Whisky auf einen großen Stein an den Strand und schaut auf’s Meer, um den Sonnenuntergang zu bewundern, und sieht… Schwäne. Zwei Schwäne. Turtelnd im Sonnenuntergang. Und in diesem Moment kann einem wirklich nur noch der Whisky helfen.

Alle Infos zum, trotz aller Schwäne, wunderschönen Harilaiu Trail inklusive Anfahrt findet Ihr hier. Der Weg ist ab dem Parkplatz durchgehend markiert und auch für Untrainierte gut machbar. 

*Fräulein Draußens Geheimtipp: Auf dem Trail befindet sich eine supertolle, kleine Campingmöglichkeit, Harilaiue Campsite. Gelegen an dem See, ganz in der Nähe vom Meer und so! Da ist Platz für ein paar Zelte und es gibt Feuerholz und Bänke und alles ist ganz toll. Da kann man auch getrost einfach mal für drei Nächte sein Zelt aufschlagen und nur abwechselnd am See und am Meer rumliegen. Sollte ich jemals wieder nach Saaremaa kommen, mache ich das ganz bestimmt!

 

Ich gehe jetzt den Wikipedia-Eintrag zu Saaremaa um das Thema “Schwäne” erweitern. Wer von Euch weiß, ob es in Afrika Schwäne gibt? Bitte um Info im Kommentarfeld :)

P.S. Hier das Schwan-Beweisbild extra für Alex :) (Nahaufnahmen gibt’s leider keine!)

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5 Comments

  1. Ein schöner Bericht. Estland würde mich auch reizen. Ich kenne es so wenig, aber jedes Mal, wenn ich Reiseberichte über Estland oder generell das Baltikum lese, bekomme ich Lust. Aber mein Mann ist leider nicht zu überzeugen.

    Das mit den Schwänen glaub ich dir allerdings nicht ;). Kann ja gar nicht sein. So viele und auf keinem Foto???

    Viele Grüße

    Alex

    PS: Ich habe keine Ahnung, ob es in Afrika Schwäne gibt… Würde mich jetzt aber auch mal interessieren…

    • Fräulein Draußen Reply

      Hi Alex,

      wieso ist Dein Mann denn nicht zu überzeugen? Das Baltikum ist nicht weit weg, relativ günstig und schön!!

      Haha, ja, ich hab schon auf so einen Kommentar gewartet! Mir ist das auch erst im Nachhinein aufgefallen :D Wobei auf dem Bild mit dem Leuchtturm zwei Schwäne zu erkennen sind auf der linken Seite ;-) Ich glaub ich werd mich heut Abend mal hinsetzen und noch ein paar Schwanbilder raussuchen. Zur Beweisführung.

      Viele Grüße
      Kathrin

  2. Darf ich noch was zu den Steilklippen sagen? Als ich mich auf meine Estlandreise vor einem Monat vorbereitet habe, las ich auch deinen Artikel und dass du die Steilkippen ziemlich unspektakulär fandest. Ich hätte sie deswegen bei der Planung fast ausgelassen.

    Nun ja, wie soll ich sagen: Auf die Höhe bezogen, können sie sich natürlich nicht mit den Klippen auf Madeira oder in Irland messen, schon klar. Aber ich fand sie trotzdem ziemlich eindrücklich.

    Vor allem auch, wie flach die Landschaft oben ist und dann plötzlich nahezu senkrecht abfällt. Ich kenne das so extrem eigentlich fast nur aus der Algarve.

    PS; Schwäne hab ich in Kuressaare jede Menge gesehen. :)

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