Zwei Nächte im wunderbarsten aller wunderbaren Hostels am Loch Ness und ich war wieder halbwegs auf den Beinen – und endlich bereit, gen Norden aufzubrechen. Ich nahm die letzte Paracetamol-Koffein-Phenylephrin-Wunderwaffe, füllte die Thermoskanne mit viel zu lange gezogenem Erkältungstee (brr) und Hannah, meine Hostelmama, packte mir noch ein Stück Zitronenkuchen für die Fahrt ein.

In ca. 3,5 Stunden Fahrtzeit bahnten James-Charles und ich uns unseren Weg vom Loch Ness bis nach Wick ans nordöstliche Ende Schottlands. Immer an der Küste entlang. Je schöner und wilder die Landschaft wurde, umso schöner wurde auch das Wetter. Ohja, die schottische Nordost-Küste empfing mich mit strahlendstem Sonnenschein und ich fühlte mich wie im… na wie im Urlaub halt!

So viel Sonne war mein rechter Arm, der Fensterarm, (Linksverkehr, Ihr erinnert Euch..) schon gar nicht mehr gewohnt. (Am Abend konnte ich einen kleinen Sonnenbrand verzeichnen. In Schottland. Im Herbst. Ich hab’s drauf!)

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Die Whaligoe Steps

Nach ganz famosen Stunden im Auto mit viel Sonne und viel, viel Musik war ich schwuppsdiwupps auch schon in Wick. In Wick gibt es ein Krankenhaus (Grüße an S.), die Old Pulteney Distillery, ein Old Castle und sicher noch viel, viel mehr. Hab ich aber alles nicht angeschaut. Bin einmal durchgefahren. Und war beim Lidl. Der Lidl war aber super! Die Kartons waren alle mit deutscher Beschriftung. Wie zu Hause. Herrlich. Nicht.

Jedenfalls habe ich dann nach meinem Einkauf festgestellt, dass ich vor lauter Wick an meinem ersten kleinen Must-See vorbeigerauscht bin: den Whaligoe Steps. Da musste ich doch auf jeden Fall hin. Also umgedreht. War zum Glück nicht weit.

Die Whaligoe Steps bestehen aus 365 verwitterten Stufen, die steil zu einem ehemaligen Anlegeplatz für Fischerboote führen und stammen aus dem 19. Jahrhundert. Der Hafen, von dem nur noch ein paar Mauern übrig sind, liegt in einer atemberaubenden Bucht umgeben von mächtigen Steilwänden. Und wenn man Glück hat, kommt auf dem Rückweg ein seltsamer, aber sehr freundlicher Typ mit einem Bild in der Hand aus einem Haus und erzählt Euch was. Sein Großvater war nämlich einer der letzten Fischer an den Steps und […] Naja. Parken kann man nicht weit von den Steps entfernt, daher empfehle ich jedem, der dort vorbeikommt, einen kurzen Abstecher!

Es war ein unglaublich krasses Gefühl, alleine inmitten der Felsen und dem wilden Meer auf einem Vorsprung zu sitzen. Fast schon etwas beängstigend. Aber wahnsinnig toll.

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Dunnet Head

Am nächsten Morgen führte mich mein Weg zum Dunnet Head, dem nördlichsten Punkt des britischen Festlandes. Die Nacht verbrachte ich übrigens in Thurso, nicht in Wick. Wick hat nämlich kein Hostel. Ursprünglich hatte ich vor, mir den Weg zum Leuchtturm am Dunnet Head in einer mehrstündigen Wanderung zu erlaufen und evtl. sogar mit einer Zeltnacht zu verbinden. Aber ich fühlte mich noch nicht fit genug. Glücklicherweise führt aber auch eine kleine Straße zu dem Leuchtturm, der 1831 erbaut wurde. Und glücklicherweise schien die Sonne! Somit konnte ich glücklicherweise bis zu den Orkneyinseln gucken! SO EIN GLÜCK! Und das Beste an der ganzen Sache: Es war früh morgens, ich war ganz allein. Und aus den Autoboxen schallte “The Sounds of Silence” von Simon & Garfunkel. Hach. Wehmut. (Am Dunnet Head kann man übrigens auch wunderbar Papageientaucher (Puffin-Love!) und andere gefiederte Freunde beobachten. Leider aber nicht im Oktober, sondern im Frühjahr zur Brutzeit. Dieses Vergnügen war mir also nicht vergönnt.)

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Dubh Lochan Trail

Irgendwann konnte ich mich von dem Anblick losreißen und machte mich, weiterhin begleitet von dem Simon und dem Garfunkel, auf zu meinem nächsten kleinen Ziel: Dem Dubh Lochan Trail bei Forsinard. Forsinard liegt wahrhaftig im schottischen Nirgendwo. Aber das Bild im Wanderführer sah so schön aus. Moor und Nebel und so. “Rich bird, flower and insect life” wurde versprochen. Bei mir gab’s natürlich weder Flowers (abgesehen von ein bisschen braunem Heidekraut) noch Birds. Nur Libellen gab es noch reichlich. Aber das war ja auch irgendwie klar. Oktober halt. War aber trotzdem schön. Nicht nur die kurze Wanderung, sondern auch die einsame Fahrt dorthin. Achja – und hatte ich schon erwähnt, dass die Sonne schien? GLÜCK!

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Ich saß am allerbesten Picknicktisch Schottlands. Der Wind war unglaublich kalt. Und die Landschaft unglaublich weit. Und das gefiel mir so gut, dass ich kurz überlegte, einfach im Hotel in Forsinard (es ist nicht zu glauben, aber Forsinard hat neben (gefühlten) zwei Häusern und einer Bahnstation auch ein Hotel!) einzuchecken und den Tag an diesem Picknicktisch zu verbringen. Was ich stattdessen am Abend als Schlafstätte bekommen sollte, war das Gegenteil von einem Hotel. Aber 1000 mal so schön.

…hier geht’s zur Fortsetzung: Das Fräulein in den Highlands – Teil 3: Zeltabenteuer an der Kyle Of Tongue

 

In meiner Beitragsreihe “Das Fräulein in den Highlands” berichte ich über meine zweiwöchige Rundreise durch den hohen Norden Schottlands vom September/Oktober 2013. Unterwegs war ich mit James-Charles, dem Mietauto und Hermann-Herbert, dem Zelt. Viel Spaß beim Lesen.

6 Comments

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  3. Hallo Kathrin,

    ich lese mich gerade systematisch und mit wachsender Begeisterung durch deine Schottland-Beiträge – großartiger Schreibstil! Vielen, vielen Dank dafür, dass du deine Abenteuer so charmant, witzig und detailreich beschreibst.

    Da ich im Mai für drei, vier Wochen die Northcoast 500 machen will, also quasi einmal rund um Nordschottland rum und vielleicht auch auf die Orkneys, hab ich noch eine konkrete Frage: Hast du deine Hostelzimmer im Vorfeld gebucht? Ich will viel campen, aber ab und an auch ein richtiges Bett zum Schlafen haben. Ob das dann im Hostel, B&B oder Hotel steht, ist mir relativ Wurst :) Da wir vor zwei Jahren – im August und auch mehr in den Touriregionen von Schottland – echt NIRGENDWO spontan ein Zimmer bekommen haben, würde mich deine Erfahrung bezüglich Nebensaison + alleinreisend + Nordschottland interessieren.

    Sorry für den langen Text und schon mal danke im Voraus!

    Viele Grüße
    Carmen

    • Fräulein Draußen Reply

      Liebe Carmen,

      danke erst mal für das Lob!

      Zu Deiner Frage: Die Zimmer musst Du im Mai definitiv nicht im Vorhinein buchen. Jenseits der Hot Spots wie Skye, Fort William oder Ullapool war ich damals in den meisten Hostelzimmern sogar einfach mal komplett alleine. Und auch beim Rest hab ich immer spontan ein Bett bekommen. Das einzige, was Dir eventuell passieren kann, ist dass die ein oder andere Unterkunft wegen Nebensaison im Mai noch geschlossen hat. Im Zweifelsfall einfach vorher kurz anrufen oder per Internet checken. Aber wenn Du ein Zelt dabei hast, ist es ja sowieso auch nur halb so wild, wenn Du aus irgendeinem Grund doch mal kein Zimmer/Bett bekommen solltest.

      Viel Spaß in Schottland! Im Mai ja (hoffentlich) noch ohne Midges… :-)

      • Vielen Dank für die schnelle Antwort! Kommt mir auch entgegen, nicht schon alles im Vorhinein buchen und planen zu müssen :) Und deinem Blog bleibe ich ab sofort auch treu, hab den direkt mal bei Bloglovin hinzugefügt.

        Viele Grüße aus Kiel
        Carmen

        • Fräulein Draußen Reply

          Geht mir auch immer so! Vorbuchen ist der größte Feind. :-)

          Toll, das freut mich!

          Viele Grüße
          Kathrin

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