(Gastartikel) Einmal zu Fuß über die Alpen zu gehen ist für viele Wanderer ein großer Traum. Morgens mit den Bergen aufstehen, abends mit den Bergen ins Bett gehen und zwischendrin Gipfel besteigen, die heißen Wanderfüße in eisige Bergseen halten, auf grünen Almen in der Sonne liegen… doch so eine Alpenüberquerung hat natürlich auch so ihre Tücken – egal ob es nun z.B. die Route von Venedig nach München oder die von Salzburg nach Triest ist, von der Gastautorin Bettina in diesem Artikel berichtet.

Mal kämpft man mit der Einsamkeit, mal mit überfüllten Hütten. Mal mit Altschneefeldern und dann wieder mit Sommergewittern. Und so ziemlich immer mit den lieben Höhenmetern, die hinter jeder Kehre lauern. Immerhin sprechen wir hier von der höchsten Gebirgskette in Zentraleuropa! Rund 26.000 hat Bettina davon im Auf- und Abstieg auf ihrer ersten großen Solo-Wanderung bewältigt, auf 28 Tagesetappen und insgesamt 499 km. Hier kommt ihre Geschichte von Höhen und Tiefen. In jeglicher Hinsicht.


Dieser Artikel ist Teil meiner Reihe „Outdoorfrauen-Spezial“, in der ich auch anderen Frauen, die abenteuerlich Reisen und das Draußensein lieben, die Möglichkeit geben möchte, ihre Geschichte zu erzählen. Mehr Infos dazu und wie Du selbst mitmachen kannst findest Du hier.


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Nach 9 Jahren als Marketing Managerin frage ich mich: Gibt es da nicht noch mehr? Mehr Leben, mehr draußen sein, mehr Natur, mehr glücklich sein? Irgendwann ist der Entschluss gefasst, ich kündige und gebe mir ein Jahr, um die Welt zu erwandern. Den Start macht die Alpenüberquerung von München nach Triest. Zurück geht es dann von Venedig nach München, bevor Neuseeland und der 3.000 km lange Te Araroa Weitwanderweg und Patagonien auf mich warten.

4 Wochen, 500 km und 52.000 hm. Meine erste lange Hüttentour, die ich gleich ganz alleine meistern möchte. Ich war schon viel wandern die letzten Jahre, jedoch meistens in einer Gruppe oder mit Guide. Vorbereitet bin ich so gut es eben geht, wenn man im Flachland Berlins wohnt. Dafür habe ich wochenlang für meine Packliste recherchiert, es geht ja schließlich insgesamt ein ganzes Jahr auf Wanderung.

Von Startschwierigkeiten und Trail Angels – Salzburg bis Maria Alm

Der Himmel über Salzburg ist bedeckt und spiegelt meine Stimmung wieder, die zwischen Aufregung, Vorfreude und Angst hin und her schwankt. Auf den ersten Kilometern der Tour entdecke ich aber erstmal Salzburg, das Schloss Mirabell und die Festung Hohensalzburg. Danach geht flach entlang des Almkanals bis nach Gröding.

In einem kleinen Vorort werde ich zum ersten Mal gefragt, was ich denn vorhabe in meiner Wanderkleidung und mit dem großen Rucksack. Sehr freundlich gibt mir der nette Herr noch viele gute Wünschen auf den Weg mit. Die reichen aber nicht sehr lange, denn nach dem leichten Anfang geht es schnell hoch hinauf auf den Untersberg. Der steile Aufsteig über Leitern und Steine setzt mir zu, ich bin bald in den Wolken und alles fühlt sich sehr unwirklich und etwas beängstigend an. Keine zehn Meter sehe ich weit. Es tropft und auf einmal bin ich nass, obwohl der Regen doch eigentlich nie so richtig losgegangen ist. Das ist der typische Salzburger Schnürle-Regen, wie mir später erklärt wird.

Der Aufstieg dauert gefühlt eine Ewigkeit, ich bin erschöpft und mache mir Sorgen, gar nicht fit genug zu sein. Mein Rucksack fühlt sich auch so wahnsinnig schwer an. An mir vorbei laufen im rasenden Tempo Trailläufer. Wie machen die das bloß?

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Kurz vor einer Kreuzung treffe ich meinen ersten “Trail Angel”. Ein Trailrunner, der sich für Fernwanderungen interessiert. Er begleitet mich durch den Nebel bis zum Bergsattel, erzählt mir von Geschwindigkeit, Packgewicht, Körpergewicht und wie ich in ein paar Wochen sicherlich genauso schnell sein werde wie die Läufer hier. Er zeigt mir noch den richtigen Weg, bevor er sich wieder auf seinen eigenen zurück aufmacht und im Nebel verschwindet. Manchmal frage ich mich noch heute, ob dieser Trail Angel wirklich existierte, mitten im Nichts in Regen und Nebel war er auf einmal da und hat mir meine Ängste und Sorgen genommen!

Kurze Zeit später erreiche ich dann die Toni-Lenz-Hütte, erschöpft und nass. Ich weiß, dass momentan hier eigentlich keiner übernachten kann und hatte ja auch eigentlich vor gehabt, noch weiterzugehen. Aber das geht heute einfach nicht mehr. Und schon ist mein nächster Engel da. Der Hüttenwirt, der mir gerne erlaubt, trotzdem hier zu bleiben. Außerdem gibt er mir noch weitere Empfehlungen für die nächsten Tage mit auf den Weg – allen voran mich nicht zu überfordern und die Sache langsam anzugehen. Und so schlafe ich erstmal elf Stunden, bevor ich gemütlich frühstücke und dann die nahe gelegene Schellenberger Eishöhle besichtige. Als einzige Besucherin bekomme ich eine private Tour mit vielen Geschichten inmitten der beeindruckenden Eislandschaften.

Munter auf und ab geht es weiter, auf dem Berchtesgadener Hochthron begegne ich einem netten Pärchen, das mich nach meiner Wanderung ausfragt und mich mit Schokolade versorgt. Noch fühlt sich alles so unwirklich an, wenn ich von meinen Plänen erzähle. Ob ich es überhaupt schaffe?

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Am Störhaus vorbei geht es nach Berchtesgaden. Dort habe ich Glück und bekomme mein eigenes Zimmer im Hostel. Hier fühlt sich noch alles neu an, was bald Routine wird, sobald ich in einem Ort bin: Wäsche waschen, mich selbst waschen, frisches Essen im Supermarkt kaufen, Blog schreiben, mit Freunden und Familie schreiben, alle Akkus aufladen, ausruhen. Meine Alternative für morgen wird geplant, denn ich muss einen Tag einsparen, um rechtzeitig Freunde in Maria Alm zu treffen und nehme daher eine alternative Route mit Bootstour.

Müde und steif geht es am nächsten Tag weiter zum Königssee, wo ich mir mit einer Horde Japaner ein Boot teile und trotz Touri-Rummel dem wunderschönen Trompetenklang inmitten des Sees andächtig lausche. Motiviert laufe ich auf der anderen Seite los Richtung Kärlingerhaus, aber ein Schild „frische Buttermilch“ an einer lauschigen Alm stoppt mich bereits nach ein paar Minuten. Lecker! Dann aber wirklich los, zum Glück habe ich nicht auf die Karte geschaut und die Höhenlinien begutachtet. Ich steige drei Stunden lang steil auf über Leitern und drahtseilversicherte Stellen. Ich schwitze und fluche, unterbrochen von kleinen Freudenjauchzern, wenn ich zu den Aussichtspunkten komme. Selbst bei meiner Mittagspause unterbrechen mich drei Zecken. Endlich komme ich an der lang ersehnten Kreuzung an, von wo aus der Weg für die nächsten zwei Stunden zur Hütte weniger steil sein wird. Ich kann wieder atmen und die Wanderung und die Natur genießen.
alpenüberquerung salzburg triest alpenüberquerung salzburg triest alpenüberquerung salzburg triestLetztendlich bin ich doch relativ früh im Kärlingerhaus, erschöpft genieße ich einfach nur die Aussicht von der Hütte aus. Und wieder habe ich Glück, denn außerhalb der Saison ist das Lager noch nicht so voll und so habe ich viel Platz für mich alleine.

Den nächsten Morgen beginne ich sehr früh. Es ist fast unwirklich schön, der Nebel steigt von den Wiesen auf und ich kann mich kaum satt sehen. Im Arbeitsleben habe ich größte Probleme damit, früh aufzustehen, aber in meiner Auszeit beginne ich bereits jetzt so viel wie möglich von den morgendlichen Momenten mitzunehmen. Morgens ist es unglaublich still, es ist kaum jemand unterwegs und das Licht traumhaft schön.

Durch das Steinerne Meer geht’s über das Ingolstädter Haus und schneebedeckte Wege zum Riemannhaus. Spektakulär liegt diese Hütte über dem Tal und der Gipfel muss gleich noch mit einer neuen Trail-Bekanntschaft bestiegen werden.
alpenüberquerung salzburg triest alpenüberquerung salzburg triest alpenüberquerung salzburg triest alpenüberquerung salzburg triestNach einem nächtlichen Schnarchwettbewerb in meinem Zimmer starte ich bereits um 6 Uhr morgens. Ein sehr steiler Abstieg nach Maria Alm erwartet mich – und danach meine Freunde, die mich in der Stadt abholen und mit zur Jufenalm nehmen. Wir feiern einen Geburtstag und ich genieße für einen Tag und eine Nacht puren Luxus und die Hilfe meiner Freunde. Während draußen das Gewitter tobt, sortiere ich Ausrüstung aus, um meinen Rucksack leichter zu machen, mein GPS Gerät wird neu eingerichtet, ich werde im Auto herumgefahren und setze beim 3-Gänge-Menü meine Kalorienzufuhr in die Höhe.

Traumhafte Landschaft und anstrengende Wandertage – Maria Alm bis Rifugio Zacchi

Am nächsten Tag fühle ich mich wieder so richtig fit, körperlich und mental voll aufgetankt. 1.650 Höhenmeter erwarten mich, die Sonne und die Mücken kommen raus, aber die Aussichten sind wunderschön und es ist nicht zu steil. Dank der Wasserquellenangaben im Reiseführer nehme ich nicht zu viel Wasser mit und fülle einfach unterwegs auf. Ganz alleine bin ich auf der Schwalbenwand und dann dem Schönwieskopf auf 1.994 Metern Höhe. Von dort geht es langsam ein paar grüne Hügel hinauf und hinab. Die Sonne brennt auf meiner Haut und ich schwitze vor mich hin, als ich vier Jungs bei ihrer Pause im Schatten treffe. Auch sie sind auf dem Trail unterwegs, aber es ist ihr vorletzter Tag, denn sie laufen die Alpenüberquerung von Salzburg nach Triest etappenweise. Der Aufstieg zum Statzerhaus zieht sich. Man sieht die Hütte zwar schon von weitem, aber es dauert ewig, bis ich endlich da bin.
alpenüberquerung salzburg triest alpenüberquerung salzburg triest alpenüberquerung salzburg triestalpenüberquerung salzburg triest alpenüberquerung salzburg triestDie Lage des Statzerhaus ist einfach der Wahnsinn! Ein 360-Grad-Panorama auf die schneebedeckten Berge, der Sonnenuntergang abends soll einer der schönsten meiner ganzen Wanderung werden. Leider ist das Statzerhaus selbst nicht mehr die schönste Hütte und ich mache ein paar unangenehme Erfahrung mit der anwesenden Männergruppe, die zum Glück irgendwann wieder mit dem Rad abfahren. Dafür sind die vier Jungs bald da und wir genießen gemeinsam den Sonnenuntergang und das Abendessen. Wir sind die einzigen Übernachtungsgäste und als Frau bekomme ich mein eigenes Zimmer.
alpenüberquerung salzburg triest alpenüberquerung salzburg triestBei Nebel und Wolken starte ich am nächsten Morgen in den Tag, es soll heute wieder gewittern und ich möchte daher früh los, nach Taxenbach und dann zur Kitzlochklamm, dem heutigen Höhepunkt. Die Kraft von Wasser ist einfach beeindruckend. Dann weiter nach Rauris, müde mache ich immer wieder Pausen, aber ich komme noch rechtzeitig im Hotel an, bevor das Gewitter losgeht.

Von Rauris geht es unspektakulär und flach weiter, hauptsächlich auf leeren Asphaltstraßen, über Wörth und Bucheben zum Bodenhaus, wo ich nach den ersten 16 km heute erstmal einen Kaffee trinke. Danach wird es spannend, denn auf dem gut gepflegten Knappenweg geht es zum Goldwaschplatz und durch den Rauriser Urwald. Seit Jahrhunderten ist dieses Gebiet sich selbst überlassen und die Natur und Pflanzen wunderschön wild.

Im Schutzhaus Neubau gehört das ganze Lager wieder mir! Ich freue mich darauf, zu lesen, zu entspannen und weiter meinen Blog zu schreiben, da ich sogar eine Steckdose neben meinem Bett habe, um mein Telefon aufzuladen. Normalerweise sind die Stecker so knapp, dass ich es vermeide, das Telefon in der Hütte zu benutzen. Ganz normale Dinge werden beim Wanderleben eben auf einmal Luxus! alpenüberquerung salzburg triest

Am nächsten Tag geht es bei gutem Wetter los, aber man hat mich schon vor den Schneefeldern gewarnt. Eisiger Altschnee! Zum Glück habe ich meine Wanderstöcke dabei, Grödel wären aber noch besser gewesen. Einige Abschnitte sind sehr abschüssig, ich bin extrem vorsichtig. Nach drei Stunden komme ich zur Fragranter Scharte. Surreal ist der Blick auf den Gletscher mit den Skifahrern und dem Lift, der den Schareck hinaufführt. Ich laufe hinab und fühle mich wie in einer anderen Welt, als ich am künstlichen Stausee für die Beschneiungsanlagen und an den Schneefeldern entlangwandere. Wie sehr die Natur hier durch den Skitourismus zerstört wurde. Ein Bagger schiebt die Schneemassen weg und sieht mich erst in letzter Sekunde. Endlich komme ich wieder auf richtige Wanderwege und stoße auf andere Wanderer. Ich bin erleichtert, mich für die restlichen 900 Höhenmeter abwärts zum Fragranter Schutzhaus anderen anschließen zu können. Der Abend mit den Jungs wird wunderbar, wir reden, spielen Karten und trinken mitgebrachten Zitronen-Wodka aus Polen.

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Am nächsten Tag geht es auf zum Sadnig! Die Sonne scheint und überall blühen Pflanzen. Aber in den nächsten Stunden muss ich über 900 Höhenmeter aufwärts wandern. Ich bin schnell erschöpft und immer außer Atem. Vielleicht hätte ich statt einem Müsliriegel in der Hütte ein richtiges Frühstück essen sollen? Nach einer Stunde mache ich meine erste Pause und esse ein paar Nüsse. Ich fühle mich so schwach und ich weiß nicht, wie ich den Tag heute schaffen soll. Soll ich morgen vielleicht einen Ruhetag einlegen? Und warum musste ich eigentlich unbedingt meinen MP3-Player verlieren? Musik hilft normalerweise immer, wenn ich erschöpft bin.

Endlich bin ich bei der Sadnig Scharte, von dort noch eine Stunde. Aber zumindest ist der Weg jetzt teilweise auf Felsen und viel abwechslungsreicher. Ich muss mich voll auf den Trail konzentrieren und vergesse dabei, wie erschöpft ich bin. Dann ein kurzer Kletterabschnitt und ich stehe auf dem Sadnig-Gipfel! Es fühlt sich so gut an.

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Zum Glück geht es heute fast nur noch abwärts, allerdings knapp 2.000 Höhenmeter. Ich kann wieder die Natur genießen, während ich auf grünem Gras und Blumen bergab wandere. Es fühlt sich an, als wäre ich die einzige Person auf der Welt. Nur Kühe, Schafe, Murmeltiere und ich.

Der Trail kreuzt später immer wieder die reguläre Straße und die letzten Kilometer müsste ich dieser Straße folgen. Ich verlaufe mich, als ich im Wald bergab laufe und muss wieder aufsteigen… Ich bin so müde und muss mich zwingen, weiter zu gehen. Bei der nächsten Kreuzung mit der Straße hält ein Auto an und ein Paar fragt mich, ob sie mich nach Stall bringen können. Nach einem ersten Zögern (ich wollte doch alles zu Fuß laufen!) akzeptiere ich. Und es war die richtige Entscheidung. Als wir in Stall ankommen, fängt es heftig an zu regnen.

Auch am nächsten Tag gibt es keine Pause, denn es warten schon wieder 1800 Höhenmeter auf mich. Diesmal gehe ich es aber langsam an, mache viele Pausen und werde unterwegs sogar zu Bier oder Wodka eingeladen. Dankend lehne ich natürlich ab, es sind immerhin noch 90 Minuten bergauf zur Hütte! Die Aussichten sind wieder ein Traum und die Hugo Gerbers Hütte ein wahres Kleinod. Es gibt kein fließendes Wasser und nur eine Trockentoilette, dafür die gemütlichste Stube mit Kaminfeuer, wunderbare Gesellschaft und leckeres Abendessen mit Nachschlag.

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An Tag 12 meiner Wanderung erwartet mich perfektes Wetter und noch besseres Frühstück. Frisch gebackenes Brot, guter Käse, Bircher Müsli. Nur die morgendliche Katzenwäsche draußen in der Eiseskälte ist hart. Der Tag wird der schönste bisher, die Aussicht ist abwechslungsreich und traumhaft, der Weg ziemlich schwierig, was ihn interessant und kurzweilig macht. Es dauert ca. 2,5 Stunden bis zum Hochkreuz Gipfel. Von dort geht’s weiter durch schöne Landschaft zu den 14 Seen und dann zur Feldnerhütte.

Die Hütte ist wieder leer, ich wasche mich und ein paar Klamotten. Es gibt kostenlos warmes Wasser! In der Zivilisation zurück fast unvorstellbar, sich über eine solche Selbstverständlichkeit so sehr zu freuen. Abends sitze ich beim Hüttenpächter Bruno und den beiden Angestellten in der Küche beim Würfelspiel mit Schnäpschen zwischendurch. Es ist mal wieder toll, die einzige auf der Hütte zu sein und danach mein eigenes gemütliches Zimmer zu haben.

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Von der Feldner Hütte geht es bergab, erst wunderbar wild, dann wird es touristisch und voller. Auf der Emberger Alm gibt es trotzdem einen Cappuccino mit Aussicht. Die Kellnerin versucht mich davon zu überzeugen, dass es zu Fuß viel zu weit ist nach Greifenburg und fragt alle Gäste, ob sie mich mitnehmen können. Als ich ihr erzähle, dass ich bereits von Salzburg bis hierher zu Fuß gelaufen bin, glaubt sie mir endlich und lässt mich davonziehen.

Bergab fühle mich auf einmal wieder voller Elan, als ob ich fliegen könnte. Viel früher als erwartet komme ich in Greifenburg an. Mein Gästehaus liegt 2 km außerhalb, ist aber einen Umweg wert, da ich im Garten entspannen kann und die Familie nicht netter sein könnte. Mal wieder zieht ein Gewitter auf, als ich in Sicherheit bin. Was für ein Glück ich doch habe!

Am nächsten Tag geht es relativ flach von Greifenburg nach Hermagor. Zumindest wenn man sich nicht gerade verläuft und dann mal kurz 200 hm im dichten Wald bergauf muss. Danach geht’s aber wirklich einfach weiter und meine Beine gehen wie von selbst, das Flachland kennen sie gut.

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So gut ging es mir, dass ich am nächsten Tag gleich mal eine doppelte Etappe einlege: 38 km weit, 2000hm Höhe rauf, 1800hm runter! Von Hermagor aus geht es Richtung Karnische Alpen. Ein Flussübergang beschert mir nasse Füße, aber die Brücke wäre ein Umweg von 2 km gewesen. Ich merke, dass ich ausnahmsweise mal schneller bin als die angegebene Zeit im Reiseführer. Ich wandere an mehreren Hütten vorbei, die mit dem Auto erreichbar sind und an Touristen vermietet werden. Ich treffe heute überall Touristen und Wanderer, meistens wird jetzt schon italienisch gesprochen.

Eine schöne Wanderung führt mich hinauf zu einer Berghütte, ein erster Abstecher nach Italien, die Grenze ist nur mit einem kleinen Grenzstein markiert. Anschließend kurz zurück nach Österreich auf der Achomitzer Alm, und dann wieder nach Italien. Eine halbe Stunde später bin ich am heutigen Höhepunkt, dem Cima Muli mit der unglaublichsten Aussicht auf die Julischen Alpen. Ich hätte stundenlang dort sitzen können, aber es ist schon 16.30 Uhr und ich muss noch ca. 3 Stunden nach Travisio runter wandern. Abends erreiche ich vollkommen erschöpft den Ort. Alles ist ausgebucht, aber die Touristeninfo macht mir doch noch ein Zimmer ausfindig, leider etwas außerhalb.

alpenüberquerung salzburg triest erfahrungsbericht Tag 16 bricht an. Gibt es auch einen Kater von zu viel Wandern? Ich habe Kopfschmerzen, als ich aufwache und fühle mich schlecht und auch den Supermarkt finde ich nicht. Aber dann wird es doch noch was mit dem Wandern. Die Slizza Schlucht ist einfach so schön, dass ich sogar meine Kopfschmerzen vergesse. Das Wasser hat alle Farben von grün bis türkis und ich mache hunderte Fotos an diesem einzigartigen Ort. Ein steiler Weg nach oben und ich finde mich für ein paar Kilometer auf dem Alpe Adria Radweg wieder. Die Sonne brennt und die Radfahrer sind erstaunt über mich, die Wanderin.

Dann geht es zum Glück wieder in den Wald zum zweiten Highlight des Tages: den zwei Bergseen Lago di Fusine. Deren Farben vor der Bergkulisse sind traumhaft und ich verliebe mich sofort!
Am Campingplatz gibt es ein Eis und eine Kopfschmerzablette, dann geht es steil und aufwärts in 90 Minuten zum Rifugio Zacchi. Der Hüttenwirt bestätigt, was bereits im Reiseführer erwähnt wird: Morgen wird es sehr schwer sein, den Weg zu finden. Und ohne die richtige Ausrüstung sollte ich den alternativen Klettersteig nicht machen.

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Wilde Natur pur im Triglav Nationalpark – Rifugio Zacchi nach Dom Komna

Ich verlasse das Rifugio Zacchi um 7.30 Uhr, die ersten 90 Minuten sind einfach und führen mich langsam bergauf. Dann erreiche ich die Porticina, ein steiniger Bergsattel und zugleich Grenze zu Slowenien. Jetzt beginnt das Abenteuer! Der erste Teil bergab ist nicht leicht zu wandern, aber der Weg dank Steinpyramiden noch gut sichtbar.

Nach einer Weile merke ich, dass ich zwar auf einem Wanderweg bin, aber nicht dem richtigen. Ich muss zurück zur letzten Steinpyramide. Dort ist der richtige Weg nicht zu erkennen und die Steine machen es sehr schwer, die leeren Flussbetten zu überqueren. Irgendwann sehe ich unten die Hütte, und obwohl ich noch weit oberhalb bin, ist das ein kleiner Ansporn. Es dauert trotzdem noch und kostet mich einiges an Nerven, bis ich endlich die rutschigen Flussbetten gequert habe und am Nadiža Wasserfall auf ganz viele Touristen stoße.

Meine Arme und Beine haben gelitten, ich versuche mich mit ein wenig Wasser aus dem Wasserfall zu waschen und mache eine Mittagspause. Statt 2 Stunden habe ich 3 1/2 Stunden gebraucht! Der nächste Abschnitt führt durch eine Schlucht mit Altschnee und dann durch wunderbar frühlingshaftes Gelände. Blumen, Geröll, Steine, Bäume, und die rauen Berge. Ab und an weht ein eiskalter Wind. Ich spüre, dass sich das Wetter ändern wird. Am Vrsic Pass erwarten mich viele Autos, Busse und Touristen und dann das berühmte Gesicht des Pagan Mädchens im Prisank!

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Ein paar Minuten später bin ich schon an meiner Hütte, dem Postarski dom. Wieder nur zwei andere Gäste, ich bin ganz allein im Schlafsaal. Das Gewitter, das kurz danach aufzieht, dauert die ganze Nacht an. Und auch am nächsten Morgen regnet es weiter, mehr Gewitter sind angekündigt. Zeit für einen Pausentag! Nach Frühstück und Yoga geht’s mit dem Bus vom Pass ins nächste Dorf Trenta für eine Runde Pizza, Postkarten und WLAN. Abends gibt mir der Hüttenwirt den Schlüssel zum Lager und bittet mich, die Tür von innen zu verriegeln, schließlich sind hier heute auch noch drei italienische Männer in der Hütte und man weiß ja nie!

Am nächsten Tag geht es aufgrund der Schnee- und Wetterlage auf der alternativen Route weiter, wieder nach Trenta, aber diesmal zu Fuß mit Abstecher zur spektakulären Soča-Quelle. Von Trenta geht’s wieder hoch zur Pogačnikov Hütte, nochmal 1500 Höhenmeter im Regen.

Es sind schon zwei Iren in der Hütte und es ist so schön, jemanden zu haben, mit dem man reden kann. Von der Hütte hat man eine herrliche Aussicht auf das Tal und die Berge. Ein schottisches Paar kommt später dazu. Wir verbringen einen sehr schönen Abend, plaudern und essen und ich werde zu etwas Wein eingeladen. Nur das slowenische Essen ist ein Problem für mich. Da ich kein Gulasch esse, muss ich Jota nehmen, eine Sauerkrautsuppe. Danach brauche ich erstmal einen Apfelstrudel, um den sauren Geschmack loszuwerden. Dafür ist das Bergglühen am Abend ein absoluter Traum. Glückshormone pur! Ich bin wieder die einzige im Schlafsaal, da die anderen in einem Zimmer schlafen. Es ist sehr kalt trotz der Decken und ich mache kaum ein Auge zu.

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Tag 20. Ganz früh geht’s los, denn heute könnte ich den Triglav, also den höchsten Berg Sloweniens, besteigen! Das Wetter sieht viel stabiler aus, wenn auch windig und wolkig. Zuerst eine kurze Wanderung auf einen Pass, dann 700 Höhenmeter auf einem steinigen Abschnitt wieder runter, bevor es nochmal 300 Höhenmeter auf Geröll nach oben geht. Hier sind einige Wanderer unterwegs und ich freue mich, nicht alleine zu sein. Am Luknjapass muss ich mich entscheiden, ob ich über den schwierigen Bamberg Weg zum Triglav wandern soll oder dem normalen Wanderweg folge. Nach Besprechung mit Wanderern, die sich auskennen, entscheide ich mich für den Bamberger Weg.

Ich habe zwar kein Klettersteigset, aber Wander- und Klettererfahrung. Der Bamberger Weg wechselt zwischen Klettersteig, ungesicherten Kletterabschnitten und einigen leichteren Wanderstellen. Es ist steil und herausfordernd, aber ich fühle mich sicher beim Klettern. Das Wetter setzt mir allerdings zu, ein Sturm setzt ein und es ist sehr kalt. Es wird flacher und leichter zu wandern, dafür gibt es allerdings Schneefelder zu queren. Manchmal ist der Wind so stark, dass ich auf die Knie gehen muss. Mein Gesicht brennt vor Kälte. Ich erreiche das Schild “Triglav 1h”. Von dort ist wieder Klettern und Klettersteig angesagt. Die Sehnsucht nach dem Gipfelerlebnis ist groß, aber ich bin erschöpft, meine Beine sind müde, ich friere und es wäre zu riskant, bei diesem starken Wind erschöpft hinaufzusteigen. Es gibt keine windgeschützte Stelle zum Ausruhen, daher treffe ich die einzig richtige Entscheidung: nicht auf den Triglav zu steigen.

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Also geht es für mich wieder bergab, zur Koča na Dolicu. Es ist eine sehr einfache Hütte. Toiletten draußen, nur ein Waschbecken, um Hände zu waschen oder Zähne zu putzen, aber selbst dort fließt heute Nachmittag kein Wasser. Ich bin zu müde, um noch drei Stunden zur nächsten Hütte zu gehen, aber leider ist es richtig kalt hier, wir dürfen erst um 17 Uhr auf die Zimmer, die auch eiskalt sind und das Essen ist auch nicht gerade günstig oder wenigstens gut. Erholen kann ich mich hier nicht wirklich.

Dafür belohnt mich der nächste Tag mit traumhaften Kilometern entlang des Sieben Seen Tals. Es ist einer der schönsten Abschnitte meiner Wanderung, auch wenn der Wind kalt und stark weht und ich mich nicht hinsetzen kann, um den Ausblick zu genießen. Zum Glück kann ich mich mittags in einer Hütte aufwärmen und nachmittags geht es weiter hinab, es wird wärmer und bleibt landschaftlich wunderschön. Die heutige Dom Komna Hütte ist ein Traum nach den letzten Nächten. Es gibt warme Zimmer und Dusche sowie Apfelstrudel mit Blick auf den See, der 1000 Meter unter der Hütte liegt.

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Abschied von den Alpen – Von Dom Komna nach Triest

Tag 22. Ich genieße das Auf und Ab des Weges, alles blüht und ist wunderbar grün. Der Wind weht wieder stark. Ich habe nichts dagegen, ich bin verliebt. In das Raue und Weiche, die Kargheit und die Vielfältigkeit. Ich habe mich in den Nationalpark Triglav verliebt und seine Kontraste zwischen Karstgestein und blühendem Pflanzenreich.

Schließlich erreiche ich den letzten Alpenpass und blicke in die Ferne bis aufs Meer. Ich bin wahnsinnig glücklich und wehmütig zugleich. Dort hinten am Meer werde ich in ein paar Tagen mein Ziel Triest erreichen, hinter mir liegen unzählige Alpenpässe und Erinnerungen. Ganz alleine war ich die letzten drei Wochen zu Fuß unterwegs, von Hütte zu Hütte bin ich fitter geworden, hab Schwierigkeiten gemeistert, Ängste überwunden und vor allem jeden Tag die Natur und die Berge genossen. Ich bin stärker geworden, gelassener und glücklicher. Es fühlt sich hier wie ein Abschied an, obwohl mein Weg noch längst nicht zu Ende ist.

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Als ich weiter unten eine Hütte voller Leben, traditioneller Musik und Tanz erreiche, habe ich mich wieder gefasst. Jetzt nur noch ein paar Stunden durch den Wald und eine Schlucht bis nach Tolmin. Hungrig wie ich bin, kaufe ich genug für eine Großfamilie ein, bevor ich es mir im Hotel gemütlich mache.

Am nächsten Tag wiegen die Lebensmittel schwer in meinem Rucksack. Ich nehme mir vor, nicht mehr total hungrig in einem Supermarkt zu gehen! Es ist neblig, aber schön draußen und ich setzte mir bereits jetzt das Ziel, heute wieder zwei Etappen an einem Tag zu wandern. Nach 3,5 Stunden in den Wäldern und auf Straßen komme ich am Kolovrat an. Ein dunkles Kapitel der Geschichte, Hunderttausende starben hier im ersten Weltkrieg, an der Grenze zwischen dem damaligen Österreich-Ungarn und Italien. Im Freilichtmuseum sind viele Touristen (die natürlich mit dem Auto oder mit dem Bus hierhergekommen sind).

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Ich bin jetzt in Bella Italia und Triest ruft bereits ganz laut! Hinunter geht es zu dem kleinen Dorf Clabuzzaro, wo drei ältere Damen wissen wollen, wo ich denn herkomme. In meinem gebrochenen Italienisch erkläre ich meine Wanderung und sie können nicht glauben, dass ich zu Fuß den ganzen Weg von Salzburg gewandert bin. Es ist wahnsinnig heiß und ich bin froh über jedes Schattenplätzchen. Ich muss mich beeilen, meine Herberge heute Nacht macht um 19 Uhr zu.

Eine halbe Stunde vorher komme ich mit schmerzenden Füßen am kleinen Castel an, einem Pilgerort mit einem Kloster, einem Restaurant, einem Hotel und ein paar Souvenirläden. Abendessen gibt es nicht mehr, zum Glück hab ich gestern viel zu viel eingekauft! Den traumhaften Sonnenuntergang und die ganz besondere Atmosphäre hier genieße ich mit einer Italienern, die in den USA lebt.

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Tag 24. Mein Körper schmerzt, aber das Leben ist trotzdem einfach. Essen, laufen, schlafen. Weiter geht es also. Wald, Weingüter, gnadenlos brennende Sonne, Cappuccino, schmerzende Füße. Meine Wanderschuhe sind hinüber, in Sandalen ist es leider auch schmerzhaft. In Cormons gibt es ein Hotel und eine Dusche, aber keine Wanderschuhe in meiner Größe. Die Nacht ist schrecklich heiß, ich schlafe kaum, mein Fuß schmerzt. Aber immerhin: Das Frühstück ist großartig (zumindest für italienische Verhältnisse). Die Stiefel ertrage ich trotzdem nicht mehr, in Sandalen humple ich vor mich hin. Nach drei Stunden bin ich in der nächsten Stadt und komme ich an einer Bushaltestelle vorbei. Der nächste Bus zeigt Duino an, kurzentschlossen steige ich ein und nur eine Stunde später (statt 6 Stunden zu Fuß) bin ich in Duino, finde ein B&B und erhole den restlichen Tag meine Füße im Meer und im Garten.

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Und dann ist es soweit. Ich kann es kaum fassen, aber der letzte Tag erwartet mich nach einer weiteren heißen Nacht – zum Glück diesmal mit Klimaanlage. Auf dem Rilkeweg, nach Rainer Maria Rilke benannt, geht es entlang der Steilküste mit herrlichem Blick auf das Miramare Schloss und Triest. Ich bin erstaunt, wie schön der letzte Tag ist, kaum Straße, sondern Küsten- und Waldwege.

Triest rückt näher, ich passiere das Ortsschild, hinab geht es bis zur Piazza Unità, dem Ziel meines Trails. Ich bin unglaublich glücklich und feiere den Moment, auch wenn mich alle anderen etwas verwundert anschauen. Mit einem großen Eis lasse ich den Tag ausklingen. Und währenddessen freue ich mich schon auf den Weg zurück über die Alpen. Diesmal aber von Venedig nach München.

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Infos und Tipps zur Alpenüberquerung Salzburg – Triest

Wenn Du nun auch Lust bekommen hast, Dich zu Fuß auf den Weg von Salzburg nach Triest zu machen, kommen hier einige wichtige Tipps und Infos für Deine Wanderplanung.

Die Route

Der Fernwanderweg führt in 28 Etappen von Salzburg nach Triest. Auf 499 km, 25.610 hm Aufstieg und 26.040 hm Abstieg wandert man dabei durch vier Länder und überquert  sieben Gebirgsgruppen der Ostalpen, darunter die Berchtesgadener Berge, die Hohen Tauern und die Julischen Alpen.Wer keine vier Wochen am Stück Zeit hat, kann den Weg auch etappenweise gehen.

Beste Jahreszeit

Der komplette Weg ist in den meisten Jahren zwischen Anfang Juli und Mitte September gut begehbar. Zu dieser Zeit haben alle Hütten entlang der Route Saison und Schnee ist auch in höheren Lagen eher selten. Als ich 2016 gewandert Ende Juni gestartet bin, gab es noch Altschnee, da es noch sehr spät im Frühling viel geschneit hatte. Es war dennoch machbar, auch wenn einige wenige Abschnitte schwierig waren und ich einmal die Alternative nutzen musste.

Schwierigkeit

Die Alpenüberquerung ist eine konditionell fordernde Fernwanderung. Durchschnittlich werden in ca 7 Stunden Gehzeit 1000 hm Aufstieg und 1000 hm Abstieg pro Tag zurückgelegt. Manche Tage sind länger und anspruchsvoller, manche kürzer. Einige Etappen kann man allerdings auch verkürzen mit Zwischenübernachtungen oder zu einem Tag zusammenlegen (so wie ich in manchen Fällen). Einige Etappen erfordern zusätzlich alpine Erfahrung, Orientierungssinn und Trittsicherheit. Für die vier besonders schwierigen Stellen gibt es allerdings jeweils auch eine alternative Route, so dass der Weg auch für weniger bergerfahrene Wanderer machbar ist.

Übernachtung und Versorgung

Anders als beim Traumpfad München-Venedig ist man bei dieser Alpenüberquerung alle paar Tage wieder in einem Dorf oder einer Stadt mit Einkaufsmöglichkeiten. Es ist daher kein Problem, sich zwischendurch mit Proviant für den Tag zu versorgen. Frühstück und Abendessen gibt es auf jeder Hütte bzw. in jedem Hotel/Restaurant im Tal. Man übernachtet abwechselnd in Berghütten und in Unterkünften in Städten/Dörfern. Ende Juni bis Ende Juli hatte ich in den Hütten nie Probleme, einen Schlafplatz zu bekommen. Oft waren sie sogar ganz im Gegenteil sehr leer. Das ist im August sicherlich anders, also solltest Du am besten immer ein paar Tage im Voraus reservieren.

“Was, du bist ganz alleine unterwegs? Als Frau?”

Die Frage, die mir am häufigsten gestellt wurde ist nicht etwa, ob ich gut vorbereitet bin, mich gut genug auskenne oder genug Erfahrung habe. Es ist viel mehr das Erstaunen darüber, dass ich als Frau alleine unterwegs bin.

Dazu möchte ich Dir gerne zwei Dinge mit auf den Weg geben:

  1. Ja, Wandern birgt Risiken, besonders wenn man alleine auf wenig begangenen Etappen unterwegs ist. Dafür habe ich für den Notfall ein Personal Locator Beacon dabei um überall auch ohne Handyempfang Hilfe alarmieren zu können.
  2. Nein, als Frau alleine muss man keine Angst haben. Im Gegenteil: Es wurde oft sehr gut für mich gesorgt und ich habe wahnsinnig viele nette Menschen kennengelernt. Ein einziges Mal habe ich mich in einer Gruppe Männer unwohl gefühlt, aber der Hüttenwirt war da und ich habe mich einfach aus der Runde verabschiedet.

Fazit zur Tour

Die Alpenüberquerung von Salzburg nach Triest hält viele Highlights parat. Besonders beeindruckt war ich vom Steinernen Meer, der Kreuzeckgruppe und dem Triglav Nationalpark. Es geht in Salzburg atem(be)raubend los und bis zum Ende in Triest ist man so gut wie nie auf Asphaltstraßen unterwegs. Beim Traumpfad München-Venedig ziehen sich dagegen Start und Ende sich dann doch ein wenig, allerdings verbringt man hier insgesamt mehr Zeit am Stück in den Bergen anstatt immer wieder in Dörfer abzusteigen (was je nach Präferenz positiv oder negativ sein kann).

Es ist ein Weg der Kontraste mit rauen Gebirgswelten, rauschenden Schluchten und stillen Almwiesen. Ich habe es sehr genossen, auf so einsamen Wegen unterwegs zu sein und die Natur dadurch so intensiv wahrzunehmen. Für meine erste lange Tour alleine hat es mir Sicherheit gegeben, immer wieder in Orten zu sein und jeden Tag neu planen zu können.

Weitere Informationen

Christof Herrmann hat diese Alpenüberquerung quasi erfunden und sein Wanderbuch vom Rother Verlag ist das beste Handwerkszeug für diese Alpenüberquerung. Zudem gibt es auf seinem Blog einfachbewusst.de noch viele weitere Informationen, Bilder und Ratschläge für die Wanderung.

Über die Autorin

Bettina ist vor vielen Jahren vom Bergvirus infiziert worden und verbringt seither jeden Urlaubstag auf Wanderschaft. Vom Malerweg in der Sächsischen Schweiz bis zum Kilimanjaro, vom Klettersteig bis zu einem 100 km Marsch in 20 Stunden, ist sie bei jeder Herausforderung dabei. Nach 9 Jahren im Marketing für eine IT-Beratung hat sie in einem Jahr „Auszeit“ zweimal die Alpen zu Fuß überquert, ist 3.000 km auf dem Te Araroa Weitwanderweg in Neuseeland gewandert und hat zum Abschluss Patagoniens wilde Berge entdeckt.

Nach dieser intensiven Outdoor-Zeit hat sie mit ihrer Schwester die Firma Fjella gegründet und gestaltet Glücklichmacher für Bergliebhaber.

Auf ihrem Blog gibt es Wanderinspiration und im Shop Schmuck für alle Bergsüchtigen. Außerdem kannst Du Bettina (und ihren zukünftigen Abenteuern) auf Facebook, Instagram und Pinterest folgen.

Bettinas Ausrüstungstipps

Adidas Terrex Fast R Mix GTX Schuhe: Meine absoluten Lieblingsschuhe! Das Profil ist extrem rutschfest, sie geben meinem Fuß Sicherheit und Stabilität, sind aber dennoch wunderbar leicht. 

Die Arc’teryx Alpha AR Hardshelljacke: Meine teuerste Anschaffung (aber jeden Cent wert) war wohl meine Regenjacke. Fürs Trekking ist eine 3-Lagenjacke wichtig, meine Jacke ist auch nach einem Jahr Dauereinsatz immer noch wie neu. Besonders liebe ich die hoch angesetzten Taschen, denn da kommt man auch mit geschlossenem Bauchgurt immer an alles ran.
Der Buff: Ohne meinen Buff gehe ich quasi nicht mehr raus. Sehr vielseitig einsetzbar, vom Halswärmer über Mütze bis Stirnband, nehme ich immer mindestens einen Buff auf meine Trekkingtouren mit. Außerdem gibt es die in wunderbar bunten Farben, so dass jeder seinen Liebling findet.

(Anzeige) Vielen Dank an die Bergfreunde, die meine Gastartikelreihe mit Gutscheinen für die Autorinnen unterstützen. Alle verlinkten Produkte und noch viele weitere fürs Wandern, Klettern, Bergsteigen, Mountainbiken (…) findest Du dort im Onlineshop.


Warst Du auch schon mal auf der Alpenüberquerung Salzburg – Triest unterwegs? Oder hast Du vielleicht auf anderen Wegen die Alpen überquert? Ich freu mich auf Deinen Kommentar!

16 Comments

  1. Toller Artikel! Es gibt immer mehr Frauen die allein über die Alpen wandern – ab heuer im Sommer gehöre ich auch dazu ;)
    Ich wandere zwar über die Alpen aber überquere sie nicht im eigentlichen Sinne, ich gehe von Wiener Neustadt (jetztiger Lebensmittelpunkt) nach Innsbruck (Heimatstadt). Ich werde auch allein unterwegs sein und quere bei sogar den Weg von Salzburg – Triest bei der Fraganter Scharte =)
    Toll was Bettina gemacht hat, super finde ich das sie dann einfach von Venedig – München wieder retour gegangen ist – wie ist sie von Triest nach Venedig gekommen? Gibt es einen Link zu dem Blog wo sie von ihrer Reise geschrieben hat? Ich muss zugeben – ich bin noch nicht mal unterwegs und mach mir schon Gedanken ob ich nicht auf über eine andere Route einfach mal retour gehe ^^
    LG
    Anna

  2. Wow, vielen lieben Dank für diesen ausführlichen Einblick in Deine Tour und die tollen Fotos. Da werden gleich wieder 1000 Erinnerungen an meine Alpenüberquerung 2015 wach. Ich war mit meinem Freund von Bayrischzell nach Belluno gelaufen, auch eine eigens ausgetüftelte Tour. Deine Beschreibung hat mich jetzt voll angefixt für diese Route nach Triest :-)

    Essen, laufen, schlafen – die beste, reinste Form der Existenz.

  3. Vielen Dank, dass du diesen Beitrag geteilt hast. Mega beeindruckende Aktion. Auch wenn ich selbst (noch) eher Mittelgebirgsstrecken und Jakobswege gelaufen bin, konnte ich eine Vielzahl von Gedanken und Gefühlen 1:1 nachvollziehen und erinnern. Nach Durchsicht der Bilder, bin ich jetzt total angefixt, endlich mal wieder einen Abstecher in die Berge zu machen.

  4. Das hört sich nach einer wunderbaren Strecke an, die weniger stark belaufen ist als der Klassiker nach Venedig.
    Ich persönlich finde es auch sympathisch, wenn man immer mal wieder durch Ortschaften kommt, weil man nicht so viel Essen und anderes mitschleppen kann, und vielleicht sogar über Couchsurfing eine Übernachtungsmöglichkeit findet, wo man ein paar Tage ausruhen kann.

    Von Triest könnte man dann auch gleich an der “jugoslawischen” Adriaseite weiterlaufen.

  5. Hallo Bettina, hallo Kathrin,

    super Bericht über eine sehr interessante Alpenüberquerung. Wer hat sowas nicht auf der To do- Wanderliste stehen? Und je mehr mehr ich davon lese und wie auch hier, sehe, desto mehr bin ich “angefixt” von dieser Alternative zu München-Venedig. Das man öfters in Städtchen und Dörfchen vorbei kommt empfinde ich als angenehm, das nimmt irgendwie den Druck wegen Verpflegung und so.

    Tolle Fotos und informativ dazu, Mission erfüllt :) Danke.

    Bert

  6. Schöner Bericht, schöne Bilder! Und angenehm geschrieben, vielen Dank.

  7. Vielen Dank an Bettina für diesen schönen, lebendigen Bericht und die herrlichen Fotos! (Und natürlich an Kathrin für’s Veröffentlichen.) Allerdings macht mir diese Lektüre die Routenauswahl für meine eigene, für den kommenden Sommer geplante Alpenüberquerung nun noch schwerer, denn diese Tour klingt auch wirklich toll. Welche Route gehe ich nur? Hach, das Wanderleben ist hart! ;-)

  8. Jetzt hab’ ich auch wieder richtig Fernweh!

    Ich glaub, ich laufe die Strecke einfach nochmal. :)

  9. Pingback: Alpenüberquerung: Traumpfad von Venedig nach München - Fjella

  10. Pingback: Packliste Hüttentour & Alpenüberquerung | Ratgeber + Download

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  12. Pingback: 10 grandiose Hüttenwanderungen in den Alpen für 2-5 Tage - Fjella

  13. Joachim Weiß Reply

    Toller Bericht, da möchte ich doch auch gleich wieder loslaufen! Ich bin die Tour von Salzburg nach Triest im Sommer 2014 gelaufen. Das war ein tolles Erlebnis, gerade vor ein paar Wochen habe ich mit meinen damaligen Mitwanderern per Videokonferenz Erinnerungen ausgetauscht und dabei Wein aus dem Friaul getrunken :)
    Danke für die tolle Beschreibung und die Fotos!

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